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Vortrag bei den 58. Gütersloher Fortbildungstagen, 18.-19.9.2007

Klaus Laupichler, Herbrechtingen

Erlebniswelten in psychischen Krisen und der Umgang durch andere


Sehr geehrte Damen und Herren,

Herzlichen Dank, dass ich von Ihnen eingeladen wurde. Für mich ist Gütersloh doch eine ganz wichtige Station der bundesrepublikanischen Psychiatrie - Geschichte. So weit ich denke, fing Prof. Dr. Dr. Dörner an mit einer Sache, die immer wichtiger wird. Er fing an, die Heime zu leeren. Ehrlich gesagt, ich würde jetzt ganz gerne, einmal mit den ehemaligen Bewohnern sprechen, wie sie sich fühlen, ob sie überhaupt noch leben, ob sie jemals in ihrem Leben ein erfülltes Leben gehabt haben, ob sie Arbeit haben und ob sie ein sexuell erfülltes Leben gehabt haben. Eigentlich möchte ich sie fragen, ob es sich gelohnt hat zu leben. War da Leben im Leben oder war das ein vegetieren, weil man es nicht geschafft hat sich selbst zu töten und auch deswegen resigniert hat.

Am 1. September 2007 war ich mit Rührung und innerer Anteilnahme auf dem Potsdamer Platz und hörte die Schuldbekenntnisse der Mörder. Es kostete sie nichts, ein paar Blumen. Aber Vorsicht, nur das zugeben, was man ohnehin schon weis. Für mich war es manchmal schwieriger rauszukriegen, was sie schon wissen, dass ich nicht zu ehrlich bin. Einmal sagte ich zynisch zur einer verhängnisvollen Sozialpädagogin, die es immer nur gut meint, "wenigstens vergasen sie uns jetzt nicht mehr, welch ein Fortschritt". Das fand sie wieder einmal unangemessen und war empört. Aber sie mordet wesentlich subtiler. Sie nimmt uns die Hoffnung und verdient daran und hat Rente und ein gutes Gewissen die Ilona, aber wahrscheinlich bindungsunfähig und ich wieder undankbar. Einmal fragte ich sie nach ihren Wünschen, ob Kinder oder so, dann sagte sie "Mein Kind ist die Werkstatt". Das ist da, wo wir ausgegliedert werden für unheimlich viel Geld, um dann endlich zu den Sonderlingen zu gehören, die nicht eingliederungsfähig sind. Ich hörte das und wusste, jetzt hast Du keine Chance, nur weg von dieser Werkstatt. Jetzt ist sie organisatorische Leiterin des SPDi, die kaum Zeit haben und auf den PCs, natürlich alles teure Laptops, denn sie haben kein Geld, steht als Bildschirmschoner "Wir sind toll". Sie brauchen das, dass sie sich immer einhämmern, dass sie toll sind, sonst würden sie es nicht selber glauben. Ich habe die beschissene Aufgabe, überall nach Geld zu betteln, für Sozialpädagogen von denen ich weiß, die taugen nichts, denn sie kriegen nicht einmal ihr eigenes Leben in den Griff. Wenn wir in die Krise kommen, haben sie keine Zeit, da ist der Telefonbeantworter da. Kurz nach 12 freitags ist Schluss und niemand wird erreicht. Fragt man sie, warum sie uns nicht helfen, dann wissen sie es genau. Lange und ausdauernd wird erklärt, warum sie nicht für uns arbeiten können, welche Gesetze und Vorschriften dagegen sprechen und vor allem können sie es uns nichts sagen wegen dem Datenschutz. Aber sie finden keine Sekunde um herauszufinden, warum sie für uns arbeiten müssen und sind doch wegen uns angestellt, fast ohne eine Möglichkeit sie zu kündigen. Wir besonders ich, wir sind undankbar und krankheitsuneinsichtig.

Warum überhaupt arbeiten, denken sich so manche vom Integrationsdienst bei uns. Ich verdiene mein Geld sowie so und keiner fragt nach. Bei den Psychos ist es so, dass sie leicht zu brechen sind, die wehren sich nicht. Wenn sie sich wehren, versteigen sie sich in die Psychose und sie sind halt krank. Etwas mehr Medis und dann sind sie ruhig. Einfach ihre Identität nehmen, die soziale, die berufliche und dann die sexuelle.

Da gibt es den besorgten Ehemann, der seine Ex-Frau freigibt im Lamm und gleichzeitig den Unterhalt kürzt. Sie wehrt sich nicht, sie hat ihre Identität schon lange verloren und jetzt noch diese Not, da gibt sie auf und startet in die Psychose. Der Ex-Ehemann mit dem guten Rechtsanwalt erpresst sie mit dem Sorgerecht, denn ihre Kinder sind ihr das ein und alles. Naja, wir Psychos sind halt unerlässlich, aber manche sind halt durch den Geldbeutel gesteuert und sie machen uns fertig. Aber die junge Sozialpädagogin, die weiß alles und vor allem wie man nach oben kommt. Durch die Betten und wenn es nicht klappt, dann wird man halt schwanger. Wir sind aber die moralisch Verwerflichen. Ich mache folgende Entdeckung. Nach einem Referat von Prof. Hell wird mir einiges klar, warum es in unserer Wohngruppe nicht geklappt hat und warum so vieles zum Scheitern von vorne herein verurteilt ist. Prof. Hell stellte die These auf, dass nicht nur Genie und Wahnsinn eng zusammen ist sondern auch soziale Kompetenz und Wahnsinn eng zusammen sind. Viele psychisch Kranke sind wahnsinnig begabt und empfindsam. Sie sind Sensoren der Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie, wer wird denn überhaupt Sozialpädagoge oder Psychologe. In einem Seminar machte ich folgende Erfahrung. Es war so um 1982 an der Justus Liebig Universität Tübingen im Institut für Erziehungswissenschaften in einem Seminar "Grundlagen zur Erziehungswissenschaft" von Prof. Uli Seibert damals noch Dr. Es war ein volles Seminar mit ca. 120 Studenten. Uli Seibert schrieb nachher das Buch Empowerment und beschwerte sich kurz vor seinem Tod, dass meine mäßige Arbeit über Nichtsesshafte nicht zustellbar war. Wie auch, ich war jetzt selber nichtsesshaft und hatte keinen Briefkasten.

Ich ärgerte mich über eine Kommilitonin. Warum, sie störte emanzipiert das Seminar mit Theorien der KPD/ML oder einem anderen Sektiererverein. Ich wohnte in der Neckarhalde 8 in Tübingen und da war unter meinem Zimmer ein kleiner Parkplatz, der viel zu klein war, aber es ging nicht anders. Da kam sie an, mit Ihrem Mercedes älterer 22o Diesel, also ein sehr guter Wagen, nicht kleinzukriegen und parkte regelmäßig falsch, aber so dass sie nicht abgeschleppt wurde. Die hatte es arg wichtig und mochte Marx und vor allem Brecht nicht, wegen den Frauengeschichten. Wir sprachen über die gesellschaftlichen Grundlagen der Sozialpädagogik. Uli Seibert hat schon öfters provoziert, was die Studentinnen gelassen ertrugen. Dann schlug er ein Rollenspiel vor. Ein Arbeiter kommt nach Hause und bespricht den Abend mit seiner Frau. Ich hatte schon bedenken, ob die das aushalten. Ich hatte zuvor versucht, beim Daimler in Hedelfingen zu arbeiten und sah die Aufzeichnungen an den Toiletten meiner Werksgruppe und die waren eindeutig.

Gut, ich hatte wieder einmal eine Wut und meldete mich zu dem Rollenspiel und diese emanzipierte junge Frau auch. Damals dachte ich auch noch, dass die Basisdemokratie gut ist und dass es wesentlich und wichtig ist, alles und jedes ganz sensibel auszudiskutieren. Ich kam dann und fiel auf. Ich brachte eine Bild- Zeitung mit, eine Flasche Bier, einen Underberg und meine Pantoffeln. Problembewusst und sensibel begann die zukünftige Sozialpädagogin behutsam das Gespräch, wonach mir denn sei. Ich antwortete. "Mei Ruh, mei Bier, mei Essen, ficken und dann muss ich ins Bett, i muss morga zum Daimler."

Meine Damen und Herren, da war was los. Ich durchbrach alle Tabus, galt wieder als aggressiv, wurde geächtet und Uli Seibert meint nur: Ja, Du hast recht und die Reaktion dieser zukünftigen Profis das ist unser Problem. Übrigens, genau genommen hat dieser Daimler-Arbeiter juristisch Recht und kann bei Verweigerung sogar klagen und braucht dann keinen Unterhalt zu zahlen. Darunter geht aber ein von mir geliebter Mensch kaputt, weil sie ihre Fähigkeiten nicht entfalten kann. Ihn hatte sie sich selber aussuchte, wegen den Kindern, sie wollte unbedingt Kinder und hatte sich doch einen Mamasohn ausgesucht.

Der skrupellos ist, einen guten Rechtsanwalt hat, einen Stammtisch, eine Arbeit, der gesund ist und sich vorsätzlich rächt. Aber sie kann nichts dafür, denn sie ist wirklich krank und braucht Hilfe, aber dringend und die richtige. Sie ist aber beileibe nicht ein Einzelfall und das müssen die Frauen begreifen und nicht in Zickenkämpfe verfallen.

Ich stelle folgende These auf, dass insbesondere hochsensible Frauen durch die Realität krank gemacht werden, sie keinen Ausweg haben und dann von vollkommen unterlegenen, prüden Rivalinnen, die meinen, sie seien die einzig wahren Therapeutinnen, kaputt gemacht werden müssen. Je besser die Frau desto mehr der Hass und die Mühe, nicht zu heilen sondern zu vernichten.

Es gibt Ausnahmen in Köln, in Bolheim, aber die Realität ist erschreckend. Man hat überall den Bock zum Gärtner gemacht und das ist normal, aber gesund????

Es gibt psychische Krankheiten, ganz schlimme, aber manche haben wirklich keine Chance. Dann werden sie von wohlmeinenden Psychiatern voll gepumpt mit Medikamenten und die Frauen verlieren dadurch dann noch ihre sexuelle, natürliche Identität und sterben dafür früher. Manche enden in Sucht und häufig wechselndem Geschlechtsverkehr, der natürlich auch ausgenutzt wird, auch von Profis, aber auch von bewussten Psychiatrie - Erfahrenen, die bei uns im Bundesverband sind. Diese Frauen werden dann noch arg moralisch verurteilt und leiden ungeheuerlich, bis hin zur Selbsttötung. Und das ist ein Skandal.

Es ist einfach ein Skandal, wenn Mäßige, Moralinsaure über Genies herrschen wollen und dafür bezahlt werden.

Die Psychiatrie hat versehentlich unser sexuelle Identität übersehen, vor allem die der Frauen und wundert sich nun über meine Rebellion, aber ich bin doch immer dafür gewesen, dass Hölderlin nicht verrückt starb, sondern dass er ein Schwabe war und das heißt, auch depressiv zu sein, und dass er nur verliebt war.

Bei uns Männern geht es, aber ich erlebe jetzt gerade einen Hormonschock, denn ich nehme im Moment keine Antidepressiva, eigentlich versehentlich, weil ich dachte, ich brauch sie nicht und zwar im Moment.

Aber die neuen Psychopharmaka sind ja nur an Männer getestet, da man die Vorschriften einhielt, die Frauen könnten ja schwanger sein. Aber was mutet ihr denn den Frauen zu, welche eine hormonelle Geisterfahrten, fast das ganze leben lang. Das hat eine Frau in der Psychose heraus bekommen, die eine wirkliche Frau und Mutter ist. Aber wie unbarmherzig seid ihr Psychiater?

Aber dann die, die das alles durchschauen und froh sind um einen festen Arbeitsplatz. Aber immer korrekt sein. Wer die Wahrheit sagt, der wird gehenkt oder zumindest chemisch gefesselt oder real "fixiert", auch korrekt.

Bei uns in der Gesellschaft zählt nur der, der eine Arbeit hat. Unser Chef vom Integrationsdienst, Hauptstr. 50 Heidenheim, kann ihnen 5 Minuten lang erklären, warum er nicht helfen kann, aber keine Sekunde, warum er doch helfen könnte. Er meidet jede Arbeit. Ein Beweis? Als seine Mutter umzog, ging er in den Urlaub. Aber er ist korrekt, hat Geld, hat ein Auto, macht Sport und hat eine Altersversicherung. Er ist ein anständiger Bürger, wie der Göppinger Apotheker in der Marktstraße. Wenn wir den nicht loswerden, dann tut sich nichts, dann können wir aufgeben. Einen Herzinfarkt erleidet der bestimmt nicht, daher müssen wir warten, bis er 65 ist. Aber es gibt nicht nur Heidenheim, es gibt viele Schmarotzer und die werden geschützt und nicht wir.

Ich behaupte, in dem System legal gesund zu werden, ist ein Ding der Unmöglichkeit, aber meine Damen und Herren, ich möchte auch nicht mehr gesund werden.

Bei uns in Baden Württemberg der SPDi und die Soziotherapie, es gibt Ausnahmen, ja. Aber ich erleide die größten Flaschen und muss dafür noch kämpfen, dass sie bezahlt werden und unkündbar sind und die machen mich krank, weil sie meine Mitmenschen kaputt machen, weil Sie wissen, dass diese Mitmenschen ihnen eigentlich wesentlich überlegen sind und daher viel sensibler und anfälliger. Sie sind auch keine Diener im preußischen oder pietistischen Sinn; sondern Richter und Henker mit gutem Gewissen und zwar vorsätzlich, denn sie wissen, was sie tun.

Gehen die guten Menschen kaputt, leiden unsäglich und sterben, dann heißt es: "Herr Laupichler, das müssen sie verstehen, die sind halt psychisch krank." Hölderlin sei froh, dass du vor 200 Jahren gelebt, gelitten und geliebt hast. Sie haben vergessen, was auf meiner Akte im Reha-Verein Alb-Donau steht: "Vorsicht der hat psychotherapeutische Erfahrung".

In meinen Praktika habe ich das Leiden gesehen und es ist oft so überflüssig. Aber es ist nicht so leicht mit Charakterschwäche und Labilität zu erklären wie viele Profis es beim Viertele bekunden.

Ja, es gibt gespaltene Persönlichkeiten, aber unsere Einstellung zu ihnen ist kriminell und nicht viel besser als im Dritten Reich, nur besser getarnt. Es gibt einen auch heute bei uns einen Sozialdarwinismus, aber man darf es nicht laut sagen. Versuchen sie als normaler psychisch Kranker, eine Frau zu bekommen, ich glaube das klappt nicht mal bei Max Strauß.

Aber man kann trotz einer Erkrankung gesunde Kinder und Enkel haben, vielleicht brauchen wir da auch noch Assistenzformen, die uns Mut machen und helfen, trotzdem gesunde Kinder groß werden zu lassen. Wenn Psychose-erfahrene Frauen mitarbeiten auf psychiatrischen Mutter-Kind-Stationen und vor allem Mut machen, damit nicht mehr abgetrieben wird wegen einer Psychose, denn das ist immer fast noch schlimmer. Von Psychiatern aus deren Umfeld, die Väter kommen, also die Missbraucher kommen, die die Erkrankung der Klientin gezielt ausgenützt haben und sie weiterempfohlen haben. Dann der Patientin Medikamente geben, von denen sie eigentlich wissen, dass sie die Lebenszeit verkürzen oder ihr das Wesentliche nehmen, nämlich ihre Identität, vor allem als Frau und Mutter. Dann die Kinder falsch aufklären über die Sucht und wie leicht es ist, das Rauchen aufzuhören, wodurch diese ihre Achtung und den Respekt vor ihren rauchenden Eltern verlieren. Eigentlich sollten alle wissen, dass das Rauchen in der Psychose spezielle Funktionen hat. Die Leute unterstützen, die ihre Arbeit nicht tun und sie am liebsten aus Faulheit verrecken lassen. Dann sagen, "Das ist ihre Realität, sie sind nicht depressiv". Da bin ich eigentlich froh, dass ich aus dieser Praxis hinaus geworfen worden bin.

Vorsätzlich oder aus Versehen, wegen zu viel Arbeit. Für mich war immer das Schlimme in meiner Familie, dass das Resultat zählt. Kein Beruf, also faul, denn wer arbeiten will, der findet Arbeit. Er hat die besten Voraussetzungen gehabt, die besten Lehrer, aber keinen akademischen Abschluss. Der Griechischlehrer ein Kriegsgewinnler, typisch Altnazi. Meine Verwandtschaft, vor allem Tante Emma bedauerte noch arg, dass ich nichts arbeite, am Grab meiner Mutter.

Die Verwandtschaft zeigte mir recht deutlich, dass sie es doch sind, die man zu bedauern hat, denn sie mussten es mit mir aushalten, obwohl ich sie in den letzten 20 Jahren nicht gesehen hatte. Ich wusste auch nichts von den Familientreffen. Ich dachte auch nicht, dass das meine Verwandtschaft ist, denn die tranken alle Apfelsaftschorle, das passt nicht. Aber dann fing der Onkel aus Schlat an, dass er Bio-Bauer geworden sei, nein das kann nicht sein, ich bin auf der falschen Beerdigung. Aber er dünge jetzt halt nachts, damit es keiner sieht. Dann sprachen sie übers Brennen und über Beerenmost und ich wusste, dass ich auf der richtigen Beerdigung war.

Walter ist früher gegangen, gleich vom Grab weg. Er führt unseren Stammhof und führt den Familienstammbaum. Er ist jetzt der Bauer. Beim letzten Mal hat er gesagt, er sei auch im Christophsbad gewesen. Er kommt meinem Onkel Alfred nach, seinem Vater, ein weitsichtiger, bodenständiger Schaffer und hoffentlich hat er die Natur auch noch so lieb wie mein Großonkel. Er kann auch einen sehr guten Obstler brennen, aber Onkel Alfred war aus dem Herzen heraus, der erste große Biobauer, der den Mischwald und die Streuobstwiesen liebte. Zu der Beerdigung von Onkel Alfred, der letzten großen Bauernbeerdigung im Bartenbach, durfte ich nicht, weil ich nicht anständig bin, das tat auch weh; Herr Psychiater und Frau Sozialpädagogin.

Mein Psychiater kann mich nicht verstehen, wie soll er mir dann helfen? Er gibt zu, dass man eigentlich nicht weiß was im Gehirn abläuft, aber dann gibt man für ewig Medikamente, die man nicht so einfach absetzen kann. "Sie können ja sehen, wenn sie das Medikament absetzen und sie dann ihre Potenz haben." Er hat aber die Bilder von seinen Kindern auf dem Schreibtisch, ich das nur von Che Guevera.

Noch ein Rezeptvorschlag für die Zukunft. Es stimmt, es gibt psychisch kranke Menschen. Ich will gar nicht mehr gesund werden, denn die Normalen, die ich kenne, die darauf bestehen, dass sie gesund sind, sind mir zu langweilig oder schon kriminell. Wir brauchen eine menschliche Gesellschaft oder ein vernetztes Herbrechtingen. Wir brauchen Psychiater, die aber mit Psychotherapeuten eng zusammen arbeiten. Wir brauchen verwegene Psychotherapeuten, die verliebt sind, in das Unmögliche. Wir brauchen einen liebenswerten Herrn Fleischmann, vom Fahrkartenverkauf der Deutschen Bundesbahn, ohne den gäbe es mich schlichtweg nicht. Denn der macht mit den Fahrkarten das Unmögliche möglich. Wir brauchen den Wochenmarkt, der angeblich zu teuer ist; aber da werde ich gut beraten und bekomme Portionen, die für mich nötig sind. Der Bauernmetzger Nies, der verkauft mir bestimmt kein Gammelfleisch, aber sein Schweinehals ist Klasse. Aber Vorsicht, der hat Temperament und sein Spruch, den ich meiner lieben Hausärztin nicht weiterleite, dass Dünne auch sterben, der stimmt halt. Bestimmte Wahrheiten sind nicht für die liebe Sozialpädagogin gedacht, denn die würde entweder gleich rot oder sonst wen einschalten, wegen sexueller Verwahrlosung.

Aber der berät mich, welche Wurst sich lang hebt (aufheben lässt?) und was ich nicht nehmen soll. Ein Zukaufen bei ihm ist ein Erlebnis und erspart schon wieder ein Antidepressivum und ich ernähre mich zum erstenmal ausgewogen. Allerdings hält der auch nichts vom Krankenhaus, das ist wirklich ein Problem. Kürzlich ist ein Freund überraschend gestorben, nach 20 Jahren Leponex im Betreuten Wohnen, knapp 5o, wir haben eine gemeinsame Vergangenheit. Hätten wir das Medikament absetzen sollen? Dann hätte der sich umgebracht. Sagte sein Psychiater. Aber Suizid stand nie auf dem Lebensplan von Ralph. Er liebte wie ich Hölderlin und lebte in Tübingen. Er ging in den Hades, wo es illegale Drogen gab, und ich in den Boulanger, wo es legale Drogen gibt. Herr Laupichler, sie leben, weil sie nicht mehr in dem Haus (Betreutes Wohnen) wohnen, sagen die Nachbarn. Das macht mich nachdenklich.

Übrigens zu Hölderlin. Er wurde 1770 geboren und er starb im ersten ambulant betreuten Wohnen 1843. Man sagt, er sei ab 1802 umnachtet gewesen. Aber die Töchter des Schreinermeisters so und so lieferten sich einen stadtbekannten Rechtsstreit um die Pflege von Hölderlin. Bei Hitler wäre er vergast worden und heute würde er wegen Leponex, Zyprexa bestimmt nicht so alt. Ich bin 53 und nehme seit meinem 8. Lebensjahr Medikamente und habe den Ärzten und Psychiatern zutiefst vertraut. Ich bin für eine Psychiatrie, denn ich brauche sie, aber für eine menschliche, wo man auch einer schönen Pflegekraft einmal auf dem Po hauen darf. Dass die junge Sozialpädagogin ein schönes Tatoo am Hintern hat und einen schönen Busen hat, darf ich nicht feststellen, vielleicht brauche ich auch deshalb Psychopharmaka.

Aber bei allem, es gibt Leiden über Leiden und ich habe einfach Angst. Ich habe Schlimmes gesehen und ich beobachte Fürchterliches. Dass Kulturen und Religionen aufeinander treffen, dass Schulen versagen, wo es wichtig ist. Dass bei legalen Drogen wie Bier immer noch verschiedene aggressive Verhaltensmuster gibt, die bei wesentlich billigeren synthetischen Drogen aufgehoben sind. Dass es das Böse wirklich gibt. Man sollte nicht zu lang über den Schlächter von Auschwitz diskutieren, sondern mit den Vätern und Müttern der Kinder, die dieser abschlachtete. Sprecht mehr mit den Opfern und deren Angehörigen, lernt aus ihrem Widerstand.

Lasst Menschlichkeit in die Gesellschaft. Bitte keine Bürokratien. Wir brauchen Leute, die wissen, warum sie für uns arbeiten und die, die wissen, warum sie nicht für uns arbeiten können, die sind die asozialen Elemente. Wir brauchen Heime, aber bitte mitten in der Stadt, als Treffpunkt für alle. Wir brauchen eine Psychiatrie, aber mit Oberärzten, die kein Frauenproblem haben oder vielleicht mit denen, die ihre Grenzen kennen. Vielleicht wäre eine erfahrene Oberärztin gut, dann sparen wir fünf Männer.

Ich brauche eigentlich einen Stammtisch, jetzt der vielleicht beim Anker. Da hat man die Wirtsstube verlegt, dass man weiterrauchen kann. Da nimmt der pfiffige Althandwerker denjenigen, der ein spezielles Brett einmal streicht und dann eine Halbe trinkt und eine raucht und dann noch mal streicht. Das hebt nämlich, nicht wie es die übereifrige Patientenfürsprecherin von Heidenheim will, gleich zweimal streicht, damit er schneller fertig wird. Weil sie gegen das Rauchen und den Alkohol ist, das Brett schnell kaputt geht, sie entscheidet, wer sterben soll und wer nicht. Dass das Gruppenmitglied nicht arbeiten kann und gefälligst die Psychopharmaka heimlich mit in die Klinik nehmen soll, dass man ruhiger ist.

Ich will nicht gesund werden, ich will trotzdem irgendwie Unruhe verbreiten und das ein Leben lang. Gut, das mit dem Trinken von Alkohol, das vertrag ich nicht so optimal, aber lasst mir mein Alprazolam.

Ich will meine Sehnsüchte haben, träumen und kämpfen. Gut, es kommen wieder die schlimmen Tage. Verdammt, das gehört doch auch dazu. Aber lasst mich sein, was ich bin: ein Ostälbler, der von Hölderlin, Che Guevera träumt und die Königsbronner Dickköpfe einfach mag.

Sterben muss ich auch, das sehe ich ein, aber noch ein bisschen Leben vorher, gerne auch mit Potenz. Vielleicht hilft mir weiterhin ein schwäbischer Jesus: Die langen Haare hat er, der Esel ist heute ein Motorrad und er hat mehr Jünger als zwölf Jünger, nicht mit Zelten sondern mit Wohnwägen, dafür auch nicht mit Manna. Zimmermann ist er, das weiß ich, von seiner Zivi Zeit.

Und Schuld an allem hat natürlich der Chefarzt der Psychiatrie Heidenheim und eine Begegnung und Kuss, die den Kampfgeist recht nachhaltig erweckte oder war es die Rindsroulade mit weißem Speck beim Kochtraining.

In der Psychiatrie ist alles möglich, sagte mein Ex Niedergelassener und grüßt mir kleine Augen, die seine Überarbeitung signalisieren.

Geschrieben zum Geburtstag des "Jesus" von der Ostalb und zur Warnung an die Bürokratie.

Noch was zum Schluss. Viel ist von Hölderlin zurück geblieben. Bei allem Streit vergesst nicht den Hölderlinturm und die Mauer davor, die immer noch ein Treffpunkt für Liebende ist.