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des Antipsychiatrieverlags
in:
Peter
Lehmann (Hg.): Psychopharmaka absetzen, 1. Auflage, Berlin:
Antipsychiatrieverlag 1998, S. 299-309 (letzte Überarbeitung
am 25.9.2001)
Franz Mayerhofer
Schlafstörungen durch Elektrosmog?
In seinem Nachschlagewerk "Gifte im Alltag" nennt der
Münchner Internist und klinische Toxikologe Max Daunderer
eine Reihe von Alltagsgiften, die Schlafstörungen bewirken
können: Holz- und Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel,
Dioxine, Furane, Formaldehyd, Benzine, Schwermetalle, Amalgam,
Blei, Schimmelpilze und vieles mehr. Dazu kommen noch elektromagnetische
Felder und Psychopharmaka, ebenso Fehlernährung, Tag-Nacht-Rhythmusstörungen
(zum Beispiel durch Schichtarbeit), Lärm, Stress usw.
Psychopharmaka können Schlafprobleme in zweierlei Weise
herbeiführen: Ihre Wirkung kann sich in Schlafstörungen
niederschlagen, ihr Absetzen kann Schlaflosigkeit auslösen.
Nach Wegfall der "chemischen Dämpfung" kann es
sich um Reboundphänomene handeln oder um erneut zum Vorschein
kommende Schlafstörungen. Oft können diese gemildert
werden, wenn störende Umweltbelastungen in ihrer Wirkung
reduziert oder ausgeschaltet werden.
Dass solche technischen Herangehensweisen absetzbedingte Schlafstörungen
reduzieren und so einen wesentlichen Beitrag zur Wiedergenesung
leisten können, soll am Beispiel des Umgangs mit Elektrosmog
(nichtionisierenden elektromagnetischen Immissionen) verdeutlicht
werden, von dem elektrosensible Menschen besonders betroffen sind
(Leitgeb 1990). Unter der noch nicht ausreichend wissenschaftlich
erforschten und anerkannten "Elektrosensibilität"
versteht man eine belastende Reizempfindlichkeit (Elektroallergie,
Elektrostress) gegenüber schwachen niederfrequenten elektrischen
und magnetischen sowie hochfrequenten elektromagnetischen Feldern
(Elektrosmog) mit Reaktionen wie bei Allergien und
stressbedingten Krankheitsbildern (Becker 1993; Braun-von Gladiß
1995; Hecht 1993, König 1986; König / Folkerts 1997;
Maes 1998; Mayer-Tasch / Malunat 1995; Neitzke 1994; Popp 1989;
Runow 1994; Steinig 1994; Varga 1995; Warnke 1997, 1998).
Die Untersuchungen des NEMESIS-Projekt 2000 an der ETH Zürich
ergaben, dass Elektrosensibilität nichts mit psychischen
und psychosomatischen Krankheitsbildern zu tun hat.
Vielfältige andere Umweltbelastungen wie Schwermetalle und
Chemikalien wirken verstärkend. Als Folge von Elektrostress
kann die Bildung des Hormons Melatonin in der Zirbeldrüse
gehemmt werden. (Melatonin hat vielfältige Steuerungsfunktionen
im Organismus: Es regelt den Schlaf-Wach-Rhythmus und weitere
Hormonsynthesen und wirkt möglicherweise krebsverhütend.)
Durch eine Störung dieser Funktionen wird das gesundheitliche
Wohlbefinden empfindlich beeinflusst. Eine Verminderung von Elektrosmog
bringt dem Vegetativum, dem Zentralnervensystem, der Zellkommunikation
und der Psyche also eine wesentliche Entlastung.
Je nach Einwirkungsdauer können als Folgen von Regulationsstörungen
neurovegetative Erschöpfung und Immunschwäche bis hin
zu schweren chronischen Erkrankungen auftreten. Zur Verbesserung
der Schlafqualität kommt es deshalb darauf an, den Einfluss
von fremd- und selbstverursachtem Elektrosmog soweit wie möglich
zu verringern. Auf dem 6. Internationalen Symposium über
Umweltkrankheiten 1988 in Dallas, Texas, wurde bei elektrosensiblen
Personen die Schwelle für das Auftreten von belastenden Symptomen
bei einer magnetischen Feldstärke ab 20 nT (Nanotesla) angesetzt.
("Nanotesla" ist ein milliardstel Tesla; "Tesla"
ist die Maßeinheit für die magnetische Feldstärke.)
Zum Vergleich: Hirnströme und der Kalziumhaushalt werden
ab 10 nT frequenzabhängig verändert. Nach unseren Erfahrungen
sowie Dr. H.-Peter Neitzke vom ECOLOG-Institut in Hannover sollte
bei nicht abschirmbaren magnetischen Wechselfeldern an Arbeitsplätzen
die halbe Computerarbeitsplatznorm (TCO) von 100 nT unterschritten
werden.
Zum Schutz der Bevölkerung wurden nach der 26. Verordnung
zum Bundesimmissionsschutzgesetz neue Grenzwerte beschlossen,
die als "Elektromagnetische Umweltverträglichkeit"
(EMVU-VO) seit dem 1. Januar 1997 in Kraft sind. Diese Grenzwerte
sind nach den Erfahrungen der Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth
und vieler anderer Patienteninitiativen sowie kritischer Wissenschaftler
zu hoch und werden dem verfassungsrechtlich beanspruchbaren Schutz
leidender Menschen nicht gerecht. Es ist deshalb Eigenvorsorge
zu empfehlen, um sich soweit wie möglich und wirtschaftlich
vertretbar ein "Elektrosmogarmes Erholungsklima" (E
Ek) zu schaffen. Die schwedische Norm für Computerarbeitsplätze
TCO mit internationalem Standard (200 nT) ist ein erster Ansatz.
Die Bedeutung und Auswirkungen der elektromagnetischen Felder
natürlichen Ursprungs (nat. EMF) mit ihren sehr niedrigen
Feldstärken und biologischen Informationswirkungen bzw. Steuerungen
von Lebensvorgängen sind für biologische Systeme wie
die des Menschen oder der Vegetation bislang noch unzureichend
erforscht. Dies gilt auch bei Waldschäden durch Funkwellen.
Genaue Kenntnisse hierüber wären notwendig, um den Einfluss
technischer elektromagnetischer Felder erfassen zu können.
In der Weltraumforschung zeigte sich, dass niederfrequente Felder
(ca. 8 Hertz), die durch sogenannte Schumannwellengeneratoren
in Raumschiffen erzeugt werden, für die körperlichen
Regulationsvorgänge unentbehrlich sind. Bei starker Wetterstrahlung
(Sferics bei 28 Kilohertz) sind vermehrte epileptische Anfälle
nachgewiesen. (Sferics sind elektromagnetische Wellen, die von
Gewitterfronten ausgehen und bei wetterfühligen Menschen
Beschwerden auslösen.) Aufgrund dieser sowie weiterer internationaler
Forschungsergebnisse muss allgemein davon ausgegangen werden,
dass technisch erzeugte elektromagnetische Felder für den
menschlichen Organismus auch unterhalb der Feldstärken die
eine Temperatursteigerung bewirken (im sogenannten athermischen
Bereich) biologische Wirkungen haben. Seit der Wiener EMF-Deklaration
1998 sind biologische Effekte im Niedrigdosisbereich wissenschaftlich
gesichert. Dazu gehört auch die Studie "Gesundheitliche
Auswirkungen des Kurzwellensenders Schwarzenburg" unter der
Leitung von Prof. Theodor Abelin vom Institut für Sozial-
und Präventivmedizin der Universität Bern. Hier wurde
festgestellt, dass der Sender die Schlafqualität der am stärksten
belasteten Personengruppen auch unter den gesetzlichen Grenzwerten
nachhaltig beeinträchtigt (Altpeter u.a. 1995). Der Sender
wurde zwischenzeitlich abgebaut. Auch hierzulande sind derartige
Untersuchungen notwendig.
In der Regel wissen nur sehr wenige Ärzte um die Gefahren
durch Elektrosmog. Eine Ausnahme bilden einige engagierte Umweltmediziner.
Bei Schulmedizinern hingegen ist das Risiko einer Fehldiagnose
(zum Beispiel als "Psychose", "Depression"
oder "psychovegetative Dystonie") und einer Fehlbehandlung
durchaus gegeben (Bultmann 1996). Bei Bedarf empfiehlt es sich
deshalb, in Zusammenarbeit mit einem umweltmedizinisch qualifizierten
Arzt, der die Messergebnisse richtig interpretieren kann, eine
elektro- bzw. baubiologische Messung durchzuführen. Dabei
soll protokolliert werden, wie weit ein Elektrosmogarmes
Erholungsklima erreicht wird. Ebenso kann auch eine Messung
nach den baubiologischen Richtwertempfehlungen IBN Neubeuern in
Anspruch genommen werden, siehe hierzu Anhang des Buches "Stress
durch Strom und Strahlung" von W. Maes. Soweit kein umweltmedizinisch
orientierter Arzt erreichbar ist, besteht die Möglichkeit,
fachkundige Informationen unter anderem beim Fachkrankenhaus für
Umweltkrankheiten in Bredstedt/Nordfriesland (Chefarzt: Dr. med.
Eberhard Schwarz), beim Institut für Umweltkrankheiten in
Bad Emstal (ärztliche Leitung Klaus-Dietrich Runow) oder
beim Umweltmedizinischen Gesundheitsinstitut in Bayreuth (ärztliche
Leitung: Dr. med. Herbert Noppeney) zu bekommen.
Für die gesetzlichen Grenzwerte ist das Bundesamt für
Strahlenschutz die zuständige Behörde. Die Überwachung
der Grenzwerte und Hochfrequenzmessungen obliegt seit 1. Januar
1998 der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
Post in Bonn mit ihren Außenstellen. Die Ergebnisse von
Hochfrequenzmessungen auch weit unterhalb der Grenzwerte
sind wichtig, da experimentelle Studien von William Ross
Adey von der kalifornischen Loma Linda University School of Medicine
belegen, dass es ab einer Strahlungsdichte von 10 nW/cm² zu einer
veränderten bzw. erhöhten Durchlässigkeit der Hirnzellenmembranen
kommt, was zu Störungen der natürlichen Hirntätigkeit
führen kann. Dieser Wert würde bei einem üblichen,
35 Watt starken Mobilfunksender erst nach einem Abstand von ca.
800 m ohne Sicherheitszuschlag unterschritten. Ab einer Strahlungsdichte
von 30 nW/cm² kann ein erhöhter Spiegel von Hirnaminen (speziellen
Neurotransmittern) auftreten. Neuere Forschungen von Prof. Dr.
Peter Semm zeigten, dass die Nervenzellen von Vögeln neuronale
Reaktionen bei 40 nW/cm² aufweisen, das ist das 20 000fache unter
dem deutschen Grenzwert.
Im Rahmen der Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth hatte ich
bereits mehrmals Gelegenheit, unter anderem beim Absetzen von
Psychopharmaka Hilfestellung zu geben. In den Schlafräumen
der Betroffenen führte ich entsprechende Elektrosmogmessungen
durch und empfahl praktikable Maßnahmen zum Abbau von Elektrostress.
Als elektrosmogverursachende Störfelder in der eigenen Wohnung
kommen alle möglichen elektrischen Geräte und Einrichtungen
in Frage: Fernseh- und Videoapparate insbesondere mit Stand-by-Schaltungen,
Faxgeräte, Computer und vieles mehr. Wer möglicherweise
unter elektrosmogbedingten Schlafstörungen leidet, sollte
diese Geräte aus dem Schlafraum entfernen.
Beispiele für den Einfluss von Elektrostress
Fall A: Junger Mann mit chronischen Schlafstörungen
Bei einem jungen Mann traten nach Einnahme niederpotenter Neuroleptika,
die als Schlafmittel verordnet waren, auch in der sogenannten
symptomfreien Zeit erhebliche Einschlaf- und Durchschlafstörungen
auf. Elektrobiologische Messungen in seiner Wohnung ergaben niederfrequente
elektrische und magnetische Felder.
Niederfrequente elektrische Felder
In der Mitte des Schlafraums maß ich 130 V/m, an der Steckdose
des Schlafplatzes (in Kopfnähe) dagegen eine erhöhte
Feldstärke von 300 V/m. Allein durch Wegrücken des Bettes
von der Steckdose an der Wand um nur einen halben Meter konnte
ich die am Schlafplatz bestehende Feldstärke um über
die Hälfte senken.
Starke elektrische Felder können ein Hinweis auf einen mangelnden
Isolationswiderstand der in der Wand verlegten älteren Stegleitungen
sein. Besser wären hier abgeschirmte Leitungen und Dosen.
Dimmerschalter zur Helligkeitsregulierung, die durch impulsartigen
Strom biologische Störungsrisiken verursachen, sollten zumindest
nicht im Schlafzimmer verwendet werden. Ebenfalls zu meiden sind
elektrische Heizdecken, die während des Schlafs sehr starke
elektrische Felder abgeben. Auch Energiespar- und Leuchtstofflampen
in Bettnähe bilden eine vermeidbare Belastung selbst in ausgeschaltetem
Zustand. Die altbewährten Glühlampen sind außer
den teueren "True Light"-Lampen nach wie vor am verträglichsten.
Die Beeinträchtigung des menschlichen Körpers durch
elektrische Wechselfelder ist häufig anzutreffen und meistens
sanierbar. Diese Felder lassen sich durch mein Hilfsmessverfahren
am praktikabelsten feststellen, wie den "Zweiquadratmeter-Messflächendummy"
(1 x 2 m große faltbare Alufolie, erhältlich in Baumärkten).
Zur Messung, Minimierung und Kontrolle, welche der Stromkreise
bzw. Sicherungen beim Abschalten das elektrische Feld am meisten
absenken, wird der Dummy auf die Bettfläche gelegt und an
ein geerdetes Multimeter angeschlossen. Ab einer Körperspannung
von 20 Millivolt (entspricht etwa 1 V/m Freifeldmessung) entstehen
Nervenreizungen. Bei der Messung ist darauf zu achten, dass die
Messfolie, die am Eingang für elektrische Wechselspannung
am Multimeter angeschlossen ist, keine Berührung mit Metallen
an Bett und Wand hat. Für den Erdungsanschluss des Multimeters
reicht eine gute Hauserdung bzw. der Schutzleiter der Steckdose
aus.
In unserem Fall konnte ich Abhilfe schaffen durch den Einbau
eines Netzfreischaltautomaten (NFA) im Sicherungsverteilerkasten,
der die elektrischen Felder wesentlich reduzierte. Der NFA funktioniert
wie folgt: Wenn der letzte Stromverbraucher, zum Beispiel eine
Lampe, ausgeknipst wird, schaltet der NFA den Stromkreis des Schlafzimmers
und eventuell angeschlossener Nebenräume so ab, als würde
der belastende Stromkreis durch Herausdrehen oder Abschalten der
Sicherung von Hand vom Stromnetz getrennt. Der NFA schaltet automatisch
wieder zu, wenn die Lampe erneut angeknipst wird. Schon allein
damit konnte die elektrische Feldstärke auf 20 V/m gesenkt
werden.
Für die über die üblichen Vorschriften
hinausgehende Sanierung (unter anderem Lieferung und Einbau
des NFA) wurde ein Elektromeister mit elektrobiologischer Fortbildung
und entsprechender messgerätetechnischer Ausrüstung
in Anspruch genommen. Nähere Informationen hierzu gibt es
beim Arbeitskreis Elektrobiologie München. Die
marktüblichen Kosten eines gebräuchlichen Netzfreischaltautomaten
bewegen sich um € 100,- je nach Ausführung ohne Einbau.
Nicht vergessen werden sollte eine Kontrollglimmleuchte in einer
gut sichtbaren Steckdose zur Überwachung, ob der NFA frei-
bzw. abschaltet.
Der junge Mann konnte bereits aufgrund der beschriebenen Sanierung
erheblich besser schlafen. Die Einschlafstörungen hörten
fast vollständig auf.
Niederfrequente magnetische Felder
Das bei dem jungen Mann gemessene magnetische Wechselfeld von
10 nT entsprach einem Elektrosmogarmen Erholungsklima.
In ähnlichen Fällen war es wegen der hohen Störfelder
(wie zum Beispiel unter einer Hochspannungsleitung) notwendig,
dass das noch vorhandene Elektroradio mit Wecker vom Netzbetrieb
ganz entfernt und durch einen Batteriewecker bzw. ein Batterieradio
in über 1 m Abstand vom Bett ersetzt wurde. Eine ähnliche
Störwirkung können übrigens Trafos für Niederspannungslampen
und Ladegeräte haben. Für den sicheren Abstand von elektrotechnischen
Geräten einschließlich Lautsprecherboxen zum Bett werden
2 m empfohlen. Auf Kopfhörer ist wegen der unmittelbaren
Nähe der elektromagnetischen Felder zum Gehirn möglichst
zu verzichten. Beim Telefon und Handy können solche Felder
durch Freisprecheinrichtungen vermieden werden. Steckdosenleisten
mit doppelpoliger Abschaltung ersetzen das nächtliche Herausziehen
der Stecker von Geräten und Lampen. Dies ist notwendig, da
viele Geräte oft noch im ausgeschalteten Zustand Elektrosmog
verursachen.
Erdmagnetfeldverzerrungen durch magnetisierte Eisenteile treten
im Schlafzimmer am häufigsten bei Matratzen mit Metallfederkern
oder bei Stahlträgern in Betondecken auf. Sie stören
das natürliche Magnetfeld der Erde am Schlafplatz. Dies lässt
sich am einfachsten mit einem Kompass feststellen. Das Abweichen
der Magnetnadel von ihrer normalen Nordrichtung erfordert Abhilfe.
Metallteile haben zusätzlich noch eine Antennenwirkung, bei
der elektromagnetische Felder in Resonanz geraten können.
Die Sanierung erfordert, dass die Metallfederkernmatratze durch
eine metallfreie Matratze aus reinen Naturmaterialen ausgetauscht
wird, zum Beispiel aus Schafschurwolle, Rosshaar, Kapok, Stroh,
Kokos, Baumwolle, Dinkelspelz, Naturlatex usw. Diese Materialien
fördern einen gesunden und erholsamen Schlaf. Bei Stahlträgern
in Betondecken sollte das Bett mindestens so weit weggerückt
werden, bis das störende Magnetfeld die Kompassnadel nicht
mehr verändert.
Die Benutzung eines Mobilfunk-Handys wurde bei dem jungen Mann
auf Notfälle mit kurzer Gesprächsdauer reduziert.
Fall B: Schlafstörungen mit Erschöpfung
Bei einem Mann im Rentenalter er hatte Psychopharmaka
ohne Erfolg genommen ergaben sich neben den Ein- und Durchschlafstörungen
nach dem morgendlichen Erwachen besonders starke vegetative Stresssymptome
ähnlich wie bei einem Alkoholkater, nämlich totale Erschöpfung,
Konzentrations- und Merkstörungen, Anlaufschwierigkeiten,
Schweißausbrüche, inneres angespanntes Zittern und
abwechselnd aggressive und depressive Stimmung. Um mögliche
Ursachen zu ermitteln, wurden elektrobiologische Messungen durchgeführt
(niederfrequente elektrische und magnetische sowie hochfrequente
elektromagnetische Felder).
Niederfrequente elektrische Felder
Im Schlaf- und Wohnraum in der fünften Etage war eine elektrische
Feldstärke von 80 V/m vorhanden. Durch den Einbau eines NFA
konnte der Wert unter 10 V/m gesenkt werden. Der verbleibende
Rest kam durch die Wand aus der Nachbarwohnung.
Niederfrequente magnetische Felder
Am Bett sollten möglichst wenig Metallteile vorhanden sein.
Deshalb entfernte ich in diesem Fall einen vorhandenen Motor zur
Matratzenverstellung wegen seiner erheblichen magnetischen Störfelder.
Danach ergab die Messung immerhin noch 120 nT, bedingt durch die
Erdkabelversorgung benachbarter Wohnungen (obwohl Erdkabel wesentlich
geringer belasten als ein Freileitungsanschluss). Weitere Verbesserungen
hätte ich hier noch durch sehr kostenaufwendige Erdkabel
mit Eisenabschirmung, Kompensation, Minimierung ungleicher Phasenbelastung
und Stich- statt Ringleitung erreichen können.
Hochfrequente elektromagnetische Felder
Im Schlafzimmer zeigten sich starke Sendereinwirkungen durch
Rundfunk und Fernsehen mit einer Strahlungsdichte von 100 nW/cm².
Im Wohnzimmer, das im Funkschatten lag, habe ich ein Drittel der
Strahlung gemessen. Die Verlegung des Schlafplatzes ins Wohnzimmer
führte bereits zu einer spürbaren Verbesserung, jedoch
noch nicht zu ausreichendem Wohlbefinden. Durch Probeschlafen
des Betroffenen an verschiedenen, weit auseinanderliegenden Orten
in derselben Gegend stellte sich heraus, dass gerade der in der
Nähe des Wohnorts stationierte amplitudenmodulierte Mittelwellensender
eine erhebliche zusätzliche Funkwellenbelastung bewirkte.
Diese bestand in der tonfrequenzabhängigen Feldstärkenänderung
der Hochfrequenzträgerwelle. Eine weitere, direkt leider
nicht mehr beeinflussbare Beeinträchtigung ging auf eine
Richtfunkstrecke mit biologisch resonanzfähigen Mikrowellen
zurück, die mit einem scheinwerferähnlichen Sendestrahl
zum Beispiel Telefongespräche durch die Luft über große
Entfernungen übertragen.
Speziell beim Handy ist Folgendes zu beachten: Messungen an einem
digitalen Handytelefon ergaben, dass aufgrund der periodischen
Stromentnahme aus der Batterie zusätzlich zur Hochfrequenzabstrahlung
auch belastende niederfrequent gepulste Magnetfelder von über
7000 nT mit einer Frequenz von 217 Hertz an der Handyoberfläche
entstehen. Weiteres bei Lebrecht von Klitzing (1996). Es sollte,
soweit nicht darauf verzichtet werden kann, beim Kauf wenigstens
auf eine minimale hochfrequente Strahlungsabgabe in Richtung Kopf
geachtet werden (spezifische Absorptionsrate [SAR-Wert] von kleiner
als 0,2 Watt/kg). Ausgezogene Antennen haben eine geringere Belastung
für das Gehirn als eingeschobene oder Stummelantennen. Im
Auto sollte kein Handy benutzt werden, es sei denn mit Sendeantenne
nur auf dem Autodach und eingebauter Freisprechanlage. Die modernen
Schnurlostelefone (DECT-Standard) strahlen dauernd. Soweit nicht
darauf verzichtet werden kann, sollte es gegen ein ungepulstes
analoges Telefon, das nur sendet, wenn telefoniert wird (CT1+-Standard),
ausgetauscht werden. Zum Aufsuchen störender Dauerstrahler
eignet sich eine Handy-Anrufleuchte als Schlüsselanhänger
für ca. € 6.-.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Erfahrungsgemäß reagieren Personen mit Schlafstörungen
individuell unterschiedlich empfindlich auf Elektrosmog (Frequenzen,
Feldstärken, Einwirkungsdauer, Modulation und Pulsung), der
beim Transport und Verbrauch technisch erzeugter elektrischer
Energie auftritt und die nächtliche Erholung einschränken
kann. Durch umsichtige Maßnahmen kann den Betroffenen geholfen
werden, elektrosmogbedingte Schlafstörungen zu reduzieren
und ihnen im Falle zusätzlicher, durch Psychopharmakaentzug
bedingter, Schlafstörungen zum notwendigen Schlaf zu verhelfen.
Außerdem erkannten Umweltmediziner ein Zusammenwirken von
Elektrosmog und Umweltschadstoffen bzw. -chemikalien bei einigen
MCS-Patienten (Multiple Chemical Sensitivity, das ist eine körperlich
bedingte vielfache Chemikalienunverträglichkeit bereits bei
niedrigster Dosis). Der Gouverneur des US-Bundesstaats Connecticut
machte 1998 durch eine "MCS-Awareness-(Bewusstseins-)Woche"
die Bevölkerung auf die Ursachen dieser chronischen Krankheit
und die Notwendigkeit von Rücksichtnahme im sozialen Umfeld
aufmerksam. Das internationale Programm für Chemikaliensicherheit
(IPCS) hat 1996 darauf hingewiesen, dass eine chemische Sensibilität
im Sinne einer MCS nicht zu psychisch oder psychiatrisch bedingten
Krankheitsbildern gehört. Daraufhin erklärte die deutsche
Bundesregierung 1997 (Drucksache 13/7463), dass MCS-Patienten
nicht psychiatrisiert werden dürfen. Das Bundesinstitut für
gesundheitlichen Verbraucherschutz und das Umweltbundesamt empfahlen
1996 MCS-Patienten "Vermeidungsstrategien" hinsichtlich
gas- und staubförmiger symptomauslösender Chemikalien.
Die Patienten bedürften professioneller ärztlicher Hilfe,
eine soziale Isolation sei zu vermeiden (Kuklinski 1994; Maschewsky
1996). Wir fordern für Elektrosmogbetroffene dasselbe, was
die Bundesregierung zumindest auf dem Papier für MCS-Patienten
zum Ausdruck brachte: Anerkennung und Hilfestellung auch für
elektrosensible Menschen. In der Praxis ist eine solche Unterstützung
bisher ausgeblieben.
Politische Maßnahmen sind dringend erforderlich. Die "Salzburger
Vorsorgewerte" für den Mobilfunkbereich mit 100 nW/cm²
sind bereits überholt. Anzustreben sind die strengeren Forderungen
der Bürgerresolution 1999, siehe Internet: www.buergerwelle.de/de/,
die einem elektrosmogarmen Erholungsklima nahekommen. Weitgehend
sollten Sendeanlagen zumindest nachts für sechs Stunden abgeschaltet
werden. Richtfunkstrecken sind durch "leitungsgebundene Datenübertragung",
wie Glasfaserkabel, zu ersetzen, die leistungsfähiger und
emissionsfrei sind. Unsere Empfehlung, fremdverursachte Funkwellen
zu reduzieren, sollte von den verantwortlichen Stellen dringend
ernstgenommen werden.
Um nicht ewig warten zu müssen, bleibt Elektrosmogbetroffenen
nichts anderes übrig, als Sofortmaßnahmen in Selbsthilfe
vorzunehmen. Wer unter entzugsbedingten Schlafstörungen leidet,
sollte sich nicht ausschließlich auf naturheilkundliche
oder sonstige schlaffördernde Maßnahmen konzentrieren.
Die Reduzierung von Elektrosmog kann ebenfalls dazu beitragen,
zu einem gesunden Schlaf zu kommen. Hilfesuchende können
sich an unabhängige Beratungsstellen wenden.
Adressen (Stand von 2001)
Bundesverband gegen Elektrosmog e. V.
Am Freudenberg 4 b
D-42119 Wuppertal
Tel. 02 02 / 4 08 50 77
Fax 02 02 / 4 08 50 78
www.risiko-elektrosmog.de/Organisationen/verbaende/verbaende.htm
Institut für Holistische Medizin
Franz-Wüllner-Straße 39
D-81247 München
Tel. 0 89 / 88 52 22
Fax 0 89 / 8 20 42 28
www.institut-fuer-holistische-medizin.de/
Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth
Ringau 1
D-95515 Plankenfels
Tel. 0 92 04 / 12 50
www.deam.de/selbsth/elektro.htm
Multiple-Chemical-Sensitivity
Königsbergstr. 5 b
D-95448 Bayreuth
Tel. 09 21 / 2 35 82
www.mcsmed.de
Selbsthilfeverein für Elektrosensible e.V.
Dachauer Str. 90
D-80335 München
Tel. 0 89 / 2 33 03 75
Di. &. Do. 9-12 Uhr
www.shz-muenchen.de/fileadmin/_processed_/c/2/csm__MG_6867Nr._43_Elektrosensible_6aab795bc1.jpg
Einführende Literatur