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in: Psychosoziale Umschau (BRD), 23. Jg. (2008), Nr. 4, S. 48

Peter Lehmann

"Europäische Demokratische Bewegung für Seelische Gesundheit" gegründet

Verband von Psychiatern, Betroffenen und Angehörigen gegen Zwangspsychiatrie

Historisches tat sich während des Kongresses "European Meeting – Toward a Europe without Lunatic Asylums and without Restrain" ("Europäisches Treffen – Auf dem Weg zu einem Europa ohne Irrenhäuser und ohne Zwang") in Rom im Mai 2008. Schon beim Soteria-Kongress in Meran im November 2007 andiskutiert, wurde jetzt auf der Gründungsversammlung die Satzung eines europäischen demokratischen Psychiatrieverbands verabschiedet. Es ist der erste internationale Verband unter Mitwirkung von Psychiatrieverbänden, der sich die Abschaffung von psychiatrischem Zwang auf die Fahnen geschrieben hat.

Die Ziele sind wie folgt definiert: "Die Gesellschaft hat einen wissenschaftlichen und sozialen Zweck. Sie ist darauf gerichtet, für die rechtliche, soziale und gesellschaftliche Gleichstellung der Nutzer von Einrichtungen der Seelischen Gesundheit und der Nutzer von Einrichtungen zur Behandlung somatischer Erkrankungen zu wirken, sowie Ausgrenzung, Stigmatisierung und Benachteiligung von Menschen mit psychiatrischer Diagnose und deren Angehörigen entgegenzutreten. Konkret heißt dies Auflösung der Anstalten, offene Türen, die Abschaffung physischer und chemischer Zwangsmaßnahmen, sowie das Verbot invasiver Methoden wie Elektroschock und Psychochirurgie."

Von deutscher Seite aus beteiligt war die Deutsche Gesellschaft für Sozialpsychiatrie, von Betroffenenseite das Europäische Netzwerk von Psychiatriebetroffenen (ENUSP – www.enusp.org), das ich beim Satzungsentwurf, der Satzungsdiskussion und schließlich bei der offiziellen Gründung vertrat.

Die Mitgliedschaft im neuen europäischen Verband steht allen Interessierten offen, egal ob Einzelpersonen oder Gruppen. Mitgliedsgebühren sind nicht vorgesehen. ENUSP ist bereits Mitglied. Was der neue Verband zu leisten in der Lage ist, wird sich in der Zukunft zeigen. Dies betrifft auch den Grad der Einflussnahme von Betroffenen. Von ihrer Initiative selbst wird es abhängen, was sie innerhalb des Verbands und gemeinsam mit diesem erreichen können.

Die Satzung (inkl. Kontaktdaten) steht im Internet in verschiedenen Sprachen.