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des Antipsychiatrieverlags
Online-Publikation vom März 2008
Klaus Laupichler, Landesverband Rheinland-Pfalz
Soviel Polizei und ich, geht das gut?
Eine überraschende Tagung zum Thema AMOK-Lagen und Emotionen
in der ev. Akademie Hofgeismar, 4.-6. Februar 2008
AMOK-Lagen und Emotionen war eine Tagung der hessischen Polizeiseelsorge
und der ev. Akademie Hofgeismar im Februar 2008. Durch die Berichterstattung
von Amok-Läufen vor allem in den USA, aber auch bei uns in Erfurt
2002 und durch das Erleben von Schülern und Schülerinnen in den
Verkehrsmitteln und auf Schulhöfen, war ich für diese Tagung sensibilisiert.
Da ich innerhalb der Psychiatriebetroffenenbewegung auch das Thema
Gewalt im Auge habe, fuhr ich mit einem etwas bangen Gefühl zu
dieser Tagung. Als Psychiatriebetroffener, als ehemaliger Nichtsesshafter
und als vielfältiger Demonstrant erlebte ich die Herren in Grün
immer etwas anders, mehr beulenhaft als vertrauensfördernd. Auch
gibt es da in meiner Erinnerung so manches Traumata. Aber ich
war angemeldet und Hofgeismar ist auch kein instandbesetztes Haus,
sondern doch eine vertrauensvolle Adresse für einen Dialog.
Was mir schnell bewusst wurde, hier drang ich in einen Schutzraum
für Polizeikräfte, besonders der Spezialeinsatzkräfte, Bundespolizei,
Notfallseelsorger, Katastrophenfachleute und Polizei-Psychologen
ein. Ich bekam da Respekt, denn gerade diese Leute brauchen unbedingt
einen Schutzraum angesichts ihrer schlimmen Einsätze, denen sie
sich jede Sekunde stellen. Dies wurde mir aber erst auf dieser
Tagung klar. So tat es mir unendlich gut, wie hoch ethische selbstkritischen
Fragen gestellt wurden. Eine solche entschiedene Selbstkritik
habe ich nie erwartet.
Beeindruckend waren die Referate. Alarmiert haben mich die Referate
von Herrn Dr. Robertz vom Institut für Gewaltprävention und angewandte
Kriminologie. Was treibt den Täter zu einem Amok-Lauf, an dessen
Ende der Suizid steht? Wir haben da in Deutschland bisher noch
Glück gehabt. Aber dieses "school shooting" kann sofort und zu
jederzeit wieder und überall auftreten. Wie sieht es da mit den
Notfallplänen aus? Aber ganz deutlich ist geworden, wie wichtig
die Gewaltprävention ist. Ich empfand die Kultur des Hinschauens
auch noch als ein Teil des Schnüffelstaates. Aber ist das aktive
Hinsehen nicht heute mehr gefragt als denn je? Äußerst wohltuend
wieder für mich unerwartet waren die Forderungen nach einem sozialen
Band zwischen Schule, Lehrer und Schüler. Erschreckend wurden
die Defizite an den Schulen aufgezeichnet, die mit dazu beitragen,
dass Gewalt möglich wird.
Viel Hoffnung hat mir eine Übung mit Herrn Polizeiseelsorger
Grützner zum Thema Killerspiele gegeben. Es gab kein schnelles
Nein zu diesen Spielen, sondern es wurde die Pädagogik in die
Pflicht genommen, mit Schülern und jungen Menschen den Umgang
mit diesen üblen Zeitzeichen einzuüben. Denn Verbote fordern nur
zum Gebrauch auf.
Es ist erschreckend, welch hohe Anforderungen auf die normale
Polizeistreife zukommen. Auch hier war ich mehr überraschend bei einer Stressübung dabei. Denn bis die Spezialeinsatzkräfte
kommen, ist alles vorbei. Ein School-Shooting dauert in der Regel
ca. 8 Minuten und es kommt auf die Polizeistreife an, die als
erste vor Ort ist. Welch hohe Anforderung wird da gestellt.
Auch muss ich doch erwähnen, dass ich in einem körperlich schlechten
Zustand nach Hofgeismar kam und dass ich bisher auf keiner Tagung
soviel nette Assistenz fand wie auf dieser Tagung. Schön wären
auch noch mehr Berührungspunkte und Dialoge zwischen Polizei,
Notfallseelsorger und Psychiatrie-Erfahrenen.
Mich beeindruckte diese Tagung doch arg und ich fühle mich in unserem
Land sicherer. Es ist schon komisch, jetzt fordere ich neben mehr
guten Lehrern und Psychologen an Schulen in der Gemeinde auch noch
mehr gute und ausgeruhte Polizisten und Polizistinnen. Ach wie ändern
sich meine Zeiten.