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Berlin, den 02.05.2005

Pressemitteilung zur Einführung der ambulanten Zwangsbehandlung in Bremen

Im Herbst 2003 wurde diskutiert, ob in den Gesetzentwurf zur Änderung des Betreuungsrechts die Möglichkeit der ambulanten Zwangsbehandlung eingefügt werden sollte. Dieses Vorhaben wurde im Februar 2004 von der Bundesregierung als verfassungswidrig abgelehnt. Alle im Bundestag vertretenen Parteien  kamen dann im Sommer 2004 übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die ambulante Zwangsbehandlung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist und lehnten diese Änderung  als verfassungswidrig ab. Nun soll sie in Bremen doch über einen perfiden Trick als Landesgesetz im Eilverfahren bis Ende Mai durchgepeitscht werden.

 

 Das Land Bremen will durch Änderung seines kombinierten PsychKG`s und Maßregelvollzugsgesetzes die ambulante Zwangsbehandlung auf Grundlage des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) einführen   Im § 70 k FGG heißt es: „Das Gericht kann die Vollziehung einer Unterbringung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 aussetzen. Die Aussetzung kann mit Auflagen verbunden werden...“  Als „Auflage““ sieht der Bremer Gesetzentwurf die ambulante Behandlung vor. Im Rahmen der Auflage zur ambulanten Behandlung ist es nach dem Bremer Gesetzentwurf möglich, die Betroffenen ohne deren Einwilligung, d.h. mit Zwang zu behandeln, mit Zwang zu ernähren, Wertsachen der Betroffenen in Gewahrsam zu nehmen, den Schrift- und sonstigen Postverkehr zu überwachen, ja sogar den Telefonverkehr zu überwachen und zu beschränken.

 

Dies als mildere Form der Unterbringung zu verkaufen, ist perfide. Es wird anschließend viel mehr Zwang und Gewalt gegen wehrlose und unschuldige Menschen geben: zunächst monatelange Psychiatrie-Aufenthalte, anschließend ein Rollkommando, das die Menschen über Jahre und Jahrzehnte zu Hause mit Psychopharmaka abspritzt. Vorbeugende Köperverletzung zur Abwehr von (wahrscheinlich nie statt findenden) Straftaten ist mit dem Grundgesetz in keiner Weise vereinbar. Wir fühlen uns an die Schutzhaft-Regelungen des NS-Regimes erinnert.

 

Bei der Umsetzung dieses Gesetzes wird von Seiten der Verwaltung mit Lügen operiert:

1.      Es wird im Begleitschreiben behauptet, es gebe keine ambulante Zwangsbehandlung, doch es gibt sie.

2.      Die Bremer Psychiatrie-Erfahrenen haben diesem Foltergesetz nicht zugestimmt. Falls Ihnen der Begriff Folter zu hart erscheint, raten wir Ihnen, sich mal drei Monate lang zwangsweise mit Neuroleptika behandeln zu lassen.

 

Beschließt nun das Bremer Landesparlament diesen Vorschlag, nimmt der Stadtstaat Bremen bundesweit eine Vorreiter-Rolle ein. Es ist zu befürchten, dass andere Länder daraufhin nachziehen werden und die national abgelehnte ambulante Zwangsbehandlung nun über den regionalen Weg einführen wollen.

 

Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. protestiert auf das schärfste gegen dieses Vorhaben. Die verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte gelten auch für Psychiatriebetroffene! Wir fordern alle freiheitsliebenden Menschen auf, sich gegen psychiatrischen Zwang zu wehren! Bitte verhindern Sie, dass Bremen Vorreiter beim Abbau von Grundrechten unbescholtener Bürger und Bürgerinnen wird!

 

gez. Hannelore Klafki

Mitglied des geschäftsführenden

Vorstands des BPE e.V.