zur
Manuskript-Übersichtsseite des Antipsychiatrieverlags
in: Tina
Stöckle: Die Irren-Offensive Erfahrungen einer Selbsthilfe-Organisation
von Psychiatrieüberlebenden, Berlin: Peter Lehmann Antipsychiatrieverlag,
PDF E-Book Neuausgabe 2022, S. 294-301
Peter
Lehmann (Berlin)
Haus der Demokratie und
Menschenrechte, Robert-Havemann-Saal, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, 12.
Dezember 2004 | Sehr
geehrte Damen und Herren,
es ist mir eine Ehre, die Laudatio zur Verleihung des Ingeborg-Drewitz-Preises
an das Weglaufhaus Berlin halten zu dürfen. Ich habe
das Projekt zwar mit aufgebaut, mich aber vor einigen Jahren
anderweitig engagiert. Mit dem Preis wird in Ingeborg Drewitz'
Vermächtnis ein besonderer Einsatz für die Menschenwürde
in Berlin belohnt.
1982 war ich Teil jener Reisegruppe, die nach Amsterdam
fuhr, um einen Kongress zum Thema Alternativen zur Psychiatrie
zu besuchen; Tina
Stöckle berichtete über die folgenreiche Reise.
In Amsterdam besichtigten wir ein Weglaufhaus, und sofort
entstand bei uns der Wunsch, auch in Berlin ein solches
Asyl aufzubauen: ein Asyl für Menschen, die vor einer
gewaltbereiten Psychiatrie fliehen und die Hilfe und Unterstützung
suchen. In Uta
Wehdes Buch kann man die Vorgeschichte des Berliner
Weglaufhauses bis zu den allerersten Anfängen zurückverfolgen.
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Nina Helm & Roland Otte, Vorstandsmitglieder
der Humanistischen Union, bei der Begrüßung
und Preisbegründung (Foto: Reinhard Wojke)
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Immer wieder hatten wir in unserer damaligen Selbsthilfegruppe
die Erfahrung gemacht, dass einzelne schnell überfordert
sind, wenn sie einen Menschen in die eigene Wohnung mitnehmen,
der eine psychische Extremsituation durchlebt und vor psychiatrischen
Nachstellungen auf der Flucht ist. Viele Nächte hält
man dies nicht durch, man muss ja doch einmal schlafen, tagsüber
evtl. arbeiten. Und unbezahlt die Schäden bearbeiten, die
andere bezahlt verursachen, das konnte und kann nicht die Lösung
psychosozialer Probleme sein.
Das
Weglaufhaus, das am 1. Januar 1996, rund 14 Jahre nach Entstehen der Idee und
langjährigen und zermürbenden Auseinandersetzungen mit der Gesundheitsbürokratie,
seinen Betrieb aufnahm, ist ein antipsychiatrisches Asyl für Menschen mit
gelegentlich andersartigen Wahrnehmungen und hoher Sensibilität. Es sind
in aller Regel die Wehrlosesten, die von ihren Gruppen und Familien ausgegrenzt
werden, und wenn sie im Weglaufhaus »Villa Stöckle« wie es getauft
wurde ankommen, stehen sie meist da ohne Geld, ohne Wohnung, ohne Ausbildung,
ohne Freunde, dafür abgefüllt oder zugespritzt mit Psychopharmaka.
Die Verleihung des Ingeborg-Drewitz-Preises an das Weglaufhaus
ist nicht hoch genug anzusiedeln auch weil psychosoziale
Hilfe überall zu kurz kommt, und in diesem Feld wiederum
Projekte mit dezidiert antipsychiatrischem Ansatz besonders
diskriminiert werden. Und es ist auch schön, dass es
nicht eine einzelne Person ist, die ausgezeichnet wird,
sondern eine Idee, ein Projekt, eine alternative Institution,
ein mittlerweile weltweit geschätztes Projekt.
Eine bemerkenswerte Mischung von Einflüssen charakterisiert
dessen Zustandekommen: Beteiligt sind kritische Psychiatriebetroffene,
Angehörige, sogenannte Fachleute, sogenannte Laien,
auch Journalisten, Politiker oder einfach nur Bürger.
Gemeinsam ist ihnen, dass sie von Widerspruchsgeist und
der grundlegenden Erkenntnis erfüllt sind, dass die
Psychiatrie als naturwissenschaftliche Disziplin dem Anspruch,
psychische Probleme zu lösen, nicht gerecht werden
kann, dass ihre Gewaltbereitschaft eine Bedrohung darstellt
und ihre Diagnostik als Schubladen-Denken den Blick auf
die wirklichen Probleme des einzelnen Menschen verstellt.
Ökologie, Nächstenliebe, Pazifismus, Humanismus,
Feminismus doch nicht die »Ismen« sind
es, die heute einen Preis bekommen, es ist ein Projekt,
das eine spezifische Gruppe von Menschen gegründet
hat und betreibt.
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Das Weglaufhaus »Villa Stöckle«
in Berlin
(Foto: Lars-Ulrich Schlotthaus)
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Weil wir so schnell vergessen, möchte
ich einige der Beteiligten namentlich ins Gedächtnis
rufen:
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Tina
Stöckle, die Namensgeberin des Weglaufhauses
»Villa Stöckle«, Diplom-Pädagogin,
Mitbegründerin des Projekts, 1992 im Alter von
nur 43 Jahren gestorben mit ihrer Absage an Männerdominanz
und akademische Arroganz legte sie mit den Grundstein
für eine konstruktive Kooperation zwischen Akademikern
und Nichtakademikern weiblichen und männlichen
Geschlechts.
-
Hubertus
Rolshoven, von Beginn an parteilicher Rechtsanwalt
an der Seite des Projekts, Mitglied des Republikanischen
Anwaltsvereins, immer bereit, eine Nacht für einen
Schriftsatz zu opfern auch er lebt leider nicht
mehr,
er ist letztes Jahr gestorben.
-
Uta
Wehde und Burkhart
Brückner, zwei Psychologen als Vereinsvorstände;
sie bürgten neben mir bei Banken
für Überziehungskredite in sechsstelliger
Höhe (damals noch DM), damit die Löhne der
Mitarbeiter bezahlt werden konnten müssen
Ämter Gelder ausgeben, haben sie bekanntlich viel
Zeit.
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Tina Stöckle
* 12.9.1948
8.4.1992
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-
Dr.
Hauskauf, der anonyme Angehörige, der sich
mit seiner DM-Million für den Kauf des Weglaufhauses
engagierte, nachdem sein Sohn 1986 aus dem Fenster einer
Psychiatrie in den Tod gesprungen war. Mit dem Haus
wurden Fakten geschaffen, an denen sich die damals unwillige
Senatsverwaltung die Zähne ausbiss beim Versuch,
das Weglaufhaus zu verhindern wie wohltuend hebt
sich ein solches Engagement ab von dem organisierter
und von Pharmafirmen gesponserter Angehöriger,
die dann deren Lied singen.
Ellis
Huber, der streitbare ehemalige Ärztekammerpräsident
der anderen Art, der sich beispielsweise es muss
1995 gewesen sein, am Tag seiner Wiederwahl ins Amt
nicht zu schade war, abends mit den Projektgründern
auf einem Podium in Frohnau zu sitzen und gemeinsam den
Angriffen der Reinickendorfer Bezirksbürgermeisterin
Marlies Wanjura und der von ihr in ihren Ängsten
und Vorurteilen bestärkten Nachbarn zu trotzen.
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-
Ilse Eichenbrenner, Klaus Stahlkopf, Sabine
Nitz-Spatz ( 1997), Johannes Spatz, Hans-Otto
Böckelher, Oliver Schruoffenegger, Patrizia di
Tolla, Wolfram
Pfreundschuh, Anna
Ochsenknecht, Dieter
Flader, Wolf-Dieter
Narr, Marc
Rufer .... Die Liste der politischen, wissenschaftlichen
und finanziellen Unterstützer im Großen
und Ganzen alles Personen jenseits des Mainstreams
ist lang, die Zeit der Laudatio kurz. Man möge
mir verzeihen, wenn ich den eine oder die andere hier
nicht nenne, ganz zu schweigen von den vielen sogenannten
Namenlosen, meist Psychiatriebetroffenen wie zum Beispiel
Manfred ("Kevin") Walther, die viel Lebensenergie
in das Zustandekommen des Projekts investiert haben,
oder etwa den vielen Patinnen und Paten, die mit kleinen,
aber regelmäßigen finanziellen Beiträgen
all die Finanzlöcher gestopft und so viel Mut zum
Weitermachen gemacht haben.
Komme ich zu den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, möchte ich einige zumindest stellvertretend nennen:
-
Kerstin
Kempker, Mitarbeiterin der ersten Generation des
Weglaufhausteams, die Jahre ihres Lebens dem Weglaufhaus
und der Unterstützung der Bewohner widmete
Kerstin Kempker, die als Minderjährige von
Prof. Hendrik Uwe Peters, ehemals Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenheilkunde
und in seinen Kreisen höchst angesehener Mann,
mit Insulinschocks, Elektroschocks und allen möglichen
Psychopharmaka nahezu in den Tod getrieben wurde
und wusste, was ein Weglaufhaus das es zu ihrer
Zeit nicht gab für einen Menschen in Not
bedeutet.
Thilo
von Trotha, reflektierter Philosoph mit der besonderen
Fähigkeit, konzeptionelle Probleme und Widersprüche früh
zu erkennen, zu durchdenken, auf den Höhepunkt zu treiben,
sie diskutierbar und zumindest gedanklich lösbar zu machen
(oder auch nicht auch durch die Bescheidenheit,
nicht alle Probleme des Lebens lösen können zu wollen,
hebt sich das Weglaufhaus von seinem Widerpart ab, der
Psychiatrie).
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Manfred ("Kevin") Walther, einer der unzähligen
Unterstützer des Weglaufhauses
(Foto: Reinhard Wojke)
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- und natürlich und vor allem Veronika
Frank, Iris
Hölling, Stefan
Bräunling und die ganze Kollegenschaft,
die sich tagsüber verausgaben, mit den Bewohnerinnen
und Bewohnern und ihren Problemen, und mit der Auseinandersetzung
mit den Amtsschimmeln. Und während in psychiatrischen
Einrichtungen Menschen nachts mit Gewalt und Chemie dem
vorgegebenen Arbeitsstundenplan angepasst und in den Schlaf
bugsiert werden, damit die einen Mitarbeiter ihren Feierabend
genießen und die anderen in ihren Dienstzimmern
ungestört vor sich hindämmern dürfen, dürfen
die Mitarbeiter im Weglaufhaus nachts Anträge schreiben,
Kosten abrechnen, mit den Bewohnern reden, spielen, streiten,
putzen, Spaziergänge machen, kochen.
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Es gehört nicht viel Phantasie dazu sich vorzustellen,
wie hart das Leben und die Arbeit im Weglaufhaus ist, und
sicher gibt es auch Momente des zumindest partiellen Scheiterns,
des Grübelns, der Verzweiflung. Auch aus diesem Grund
ist der Ingeborg-Drewitz-Preis so wichtig. Übrigens gibt
es von Kerstin Kempker zum Alltag im Weglaufhaus ein äußerst
lebendig geschriebenes Buch, »Flucht
in die Wirklichkeit«, wo eine ganze Reihe von Bewohnern
und Mitarbeitern zu Wort kommen. Ich hoffe, dass das Weglaufhaus
Berlin erhalten bleibt.
Von vielen wird es als Tropfen auf
den heißen Stein bezeichnet, und was sind schon 12,
13 Wohnplätze gegen die Hunderttausende psychiatrischer
Betten? Doch außer der realen, für viele Weggelaufene
lebensnotwendigen Unterstützung ist das Weglaufhaus
viel mehr das wusste auch die damalige Gesundheitssenatsverwaltung,
als sie die Betriebsgenehmigung ablehnte mit der Begründung,
sie wäre das Eingeständnis, dass die Psychiatrie
zum Weglaufen sei. Mit dem »viel mehr als« meine
ich den »Hallo-Effekt«:
Hallo
Kolleginnen und Kollegen, die ihr zu Abertausenden der Verlockung von Macht, Geld
und theoretischer und wissenschaftlicher Bequemlichkeit folgt, man kann sich auch
anders entscheiden!
Hallo, Alternativen zur Psychiatrie sind nötig und
können funktionieren, wenn man sich engagiert und finanziell
einigermaßen abgesichert ist!
Hallo, es gibt humanistische Möglichkeiten, Menschen
in psychischen Nöten sozialer Natur zu helfen, man
muss sie nicht mit Chemie vollstopfen!
Hallo, weshalb haben die Menschen mit psychosozialen Problemen
in einer demokratischen Gesellschaft keine Wahl sich zu
entscheiden, ob sie zum Onkel Doktor gehen, um sich eine
Psychopille zu holen, oder lieber zu Menschen, die ihnen
zuhören und mit ihnen gemeinsam versuchen, einen nachhaltigen
Ausweg aus ihrem Schlamassel zu suchen?
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Peter Lehmann bei der Laudatio
(Foto: Reinhard Wojke)
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Und auch das ist ein lobenswerter Aspekt des Weglaufhauses:
Mittlerweile haben sich in seinem Umfeld neue Projekte gegründet:
eine nichtpsychiatrische Einzelfallhilfe, eine Berliner
Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener
mit Selbsthilfe und Kontakttreff, der Verein »Für
alle Fälle« mit seinem Angebot an nutzerkontrollierter
Forschung und Fortbildung aus der Perspektive von Betroffenen.
Querköpfe,
Humanisten, Nachfolgeprojekte, alles was ich erzählt habe, ist schön
und gut, aber einen den wesentlichen Aspekt habe ich noch nicht
angesprochen. Das Weglaufhaus ist nicht nur ein antipsychiatrisches Asyl, es ist
nutzerkontrolliert. Mindestens die Hälfte der Mitarbeiter sind ehemalige
Psychiatriebetroffene Menschen, die ihre Psychiatriebetroffenheit verarbeitet
haben und wissen, wo es lang gehen soll, zumindest wissen, wo nicht, denn Patentrezepte
lehnt das Weglaufhaus ab. |
»Ich
stehe mir selbst gegenüber als die Bewohnerin, die in
grenzenloser Wut und Verzweiflung brüllt und wütet
und meine Beschwichtigungsversuche nur als unerlaubte Einmischung
zurückweisen kann«, reflektiert Kerstin Kempker
ihre Arbeit im Weglaufhaus in ihrem Buch »Mitgift«
(2000). »Ich stehe mir auch als der junge Mann gegenüber,
der ob dieser ganzen nervtötenden Gefühlsduselei
das Weite sucht, als die ruhebedürftige Frau, die sich
schimpfend endlich zur Wehr setzt, als das erschrockene Mädchen,
das in der konzentrierten Atmosphäre Angst hat zu verschwinden.«
Welch ein Unterschied ist es doch, ob in einer Einrichtung
Psychiatriebetroffenheit Grund zur Verweigerung eines Arbeitsvertrags
ist, ob sich Psychiatriebetroffene neudeutsch
trialogisch und auf gleicher Augenhöhe als Krankheitsfälle
präsentieren dürfen oder ob sie ihren Erfahrungsschatz
der Selbsthilfe und Problembewältigung als Grundlage
der Arbeitskonzeption einbringen und dafür sorgen, dass
Respekt vor dem auch unverstandenen Gegenüber
und Selbstbestimmungsrecht oberstes Prinzip einer Hilfeeinrichtung
ist.
Dem Projekt den Menschen, die es gegründet und unterstützt
haben, die es jetzt tragen und die dort arbeiten gehört mein Respekt:
Menschen, die vor akademischen Titeln und weißen Kitteln nicht in Ehrfurcht
versinken, Menschen mit Durchhaltevermögen und Widerspruchsgeist man
könnte auch Dickschädeligkeit dazu sagen.
Der Weglaufhaus-Mitarbeiter mit dem größten Durchhaltevermögen
und dem dicksten Schädel ist zweifelsfrei Ludger
Bruckmann, von der ersten Sekunde an beim Projekt. 22
Jahre dabei, dabei bei der Eröffnung am 1. Januar 1996,
heute immer noch dabei, jetzt Hausmeister im Teilzeitvorruhestand.
Seine Verrücktheit Anno Domini im katholischen Essen
bestand darin, sich einem Polizeiwagen entgegenzustellen und
den Polizisten die Bergpredigt zu halten.
Der Humanistischen Union zur Beruhigung: Hätte er die
Charta der Menschenrechte verlesen, wäre es ihm nicht
anders ergangen: Psychiatrie, Psychopharmaka, Muskelkrämpfe,
Angstzustände, eben das Übliche an Behandlung samt
Folgen, man kann seine Geschichte in Tina
Stöckles Buch »Die Irren-Offensive« nachlesen. Die
nächste Einweisung schon in der Hand, holte ihn sein
Bruder Willibrord nach Berlin, rettete ihn vor dem zweiten
Aufenthalt, glaubte nicht dem »Dort ist er in den besten
Händen«, sondern glaubte an ihn. Ludger Bruckmann:
»Ich machte in Berlin eine Therapie. Da war zum ersten
Mal ein Mensch, der mir zuhörte und mich fragte, was
ich dazu sage. Da fing ich laut zu lachen an und sagte, das
will überhaupt kein Mensch wissen.« Wolfgang Hegenbarth
hieß dieser Therapeut.
So einfach wäre es: Menschen zuhören, sie fragen, was sie
wollen, ihnen Mut machen, sie unterstützen. Mit Ludger Bruckmann
wird der Ingeborg-Drewitz-Preis dem passenden Vertreter des
Weglaufhauses übergeben. Gratulation und Dank an die
Humanistische Union für ihre gute Entscheidung.
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Ludger Bruckmann stellvertretend für
das Weglaufhaus »Villa Stöckle« mit dem Ingeborg-Drewitz-Preis
2004 (Foto: Reinhard Wojke)
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Nachtrag (vom 18.12.2004): Erst im Nachhinein, durch
einen Hinweis von Ludger Bruckmann, stieß ich auf diese
Resolution von 1981 zur Forderung »Recht auf Akteneinsicht
auch für Psychiatriebetroffene«, die ich zwar selbst
entworfen, mittlerweile schlicht vergessen hatte:
»Wir treten ein für das Selbstbestimmungsrecht
aller Menschen. In den psychiatrischen Anstalten der Bundesrepublik
Deutschland und Berlin werden wie selbst die Psychiatrie-Enquete
der Bundesregierung gezeigt hat die Menschenrechte
der Betroffenen nicht beachtet. Wir sind empört, daß
Psychiater Menschen nicht nur in ihren Anstalten lebenslang
einsperren, sondern auch diejenigen lebenslang entmündigen
wollen, denen es gelungen ist, aus ihren Fängen zu entrinnen.
Gerade aus den schlimmen und noch immer unbewältigten
Massentötungen sogenannter psychisch Kranker unter Mitwirkung
von Psychiatern während der unheilvollen Zeit des Nationalsozialismus
müssen endlich Konsequenzen gezogen werden. Die Betroffenen
dürfen Psychiatern nicht mehr völlig rechtlos ausgeliefert
sein...«
Unterzeichner: Ingeborg Drewitz, Humanistische Union,
Ellis Huber, Ludger Bruckmann, Republikanischer Anwaltsverein,
Ärztekammer Berlin (Liste 4), Rudolf Bahro, David Cooper,
Helmut Gollwitzer, Heinar Kipphardt, Gerhard Schröder,
Peter von Oertzen, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes,
Weiße Rose e.V. Asperg Gemeinschaft für
Hilfeleistung Deklassierter in dieser Gesellschaft u.v.m.
(abgedruckt innerhalb des Artikels »Psychiatrieakten zu Geheimakten erklärt«)
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Peter Lehmann:
Geboren 1950 in Calw (Schwarzwald), Diplom-Pädagoge, lebt seit
1970 in Berlin, Autor (u.a. »Der
chemische Knebel«, »Schöne
neue Psychiatrie«, Herausgeber u.a. »Psychopharmaka
absetzen«) und seit 1986 Betreiber des Antipsychiatrieverlags
(www.antipsychiatrieverlag.de).
Vorstandsmitglied im Europäischen Netzwerk von Psychiatriebetroffenen
(https://enusp.org)
und im Verein »Für
alle Fälle e.V.« Berlin
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