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Hannelore Klafki
Meine Stimmen Quälgeister und Schutzengel. Texte
einer engagierten Stimmenhörerin
Rezensionen
Constance Dollwet
Wer erinnert sich nicht an Hannelore, deren plötzlicher Tod die
BPE-MVV 2005 so schockte? In liebevoller Kleinarbeit und mit Unterstützung
einer Vielzahl von Personen und Verlagen, angefangen bei Reinhard Wojke,
der eine Kopie von Hannelores Festplatte und Fotodateien ihrer ausdrucksstarken
Plastiken zur Verfügung stellte, bis hin zu Thomas Bock, Irene Stratenwerth
und Dorothea Buck, hat nun Peter Lehmann, in dessen Verlag Hannelore in
der Woche ihres Todes zu arbeiten beginnen wollte, all ihre verfügbaren
Texte zu einem interessanten Sammelband zusammengestellt. Diese Denkschrift
wird nicht nur die Erinnerung an eine außergewöhnliche Frau
wach halten. Auch ihre leidenschaftlichen Vorträge zum Thema Stimmenhören,
ihre ungeschminkten biographischen Erinnerungen und ihre von trockenem
Witz durchsetzten psychiatriekritischen Texte bleiben auf Dauer erhalten.
Das Buch liefert allen Einsteigern einen hervorragenden Überblick
über die wesentlichen Themen, die in der aktuellen Psychiatriediskussion
eine Rolle spielen (unter anderem Psychopharmaka, Trialog, ambulante Zwangsbehandlung,
Alternativen). Hannelores Stimmen Quälgeister wie Schutzengel
haben sie, wie sie sagte, "... zu einer Powerfrau erzogen,
ich hab irgendwann beschlossen aufzuhören, Opfer zu sein."
Hoffentlich können sich viele Psychiatriebetroffene auch darin Hannelore
zum Vorbild nehmen. Im Nachwort schreiben Marius Romme und Sandra Escher,
die Gründer der internationalen Stimmenhörerbewegung: "Hannelore
war eine mutige Frau, die sich neue Ziele steckte und dadurch eine Zukunft
schuf. Sie ließ sich ihre eigenen Ziele und ihre eigene Zukunft
von niemandem einreden. Von anderen unterstützt, fand sie ihren Lebensinhalt
selbst. Das gab ihr auch die Kraft, die Stimmen einen Sinn haben zu lassen.
Auch wenn unsere Erinnerungen an Hannelore im Laufe der Jahre etwas verblassen
mögen, ihre Kunst und dieses Buch werden sie uns lebendig halten."
Übrigens: Das Buch eignet sich auch prima als Geschenk, wenn man
anderen mit etwas Schönem und gleichzeitig Inhaltsvollem eine Freude
machen will.
in Mitgliederrundbrief
des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener, 2007, Nr. 1, S. 23
Sophie Blau: Vorkämpferin für Empowerment
und Anerkennung
"Kurz vor meinem sechzehnten Geburtstag geschah etwas, das ich wohl
nie vergessen werde. Ich war allein zu Hause und hörte plötzlich,
wie ganz laut mein Name gerufen wurde zuerst nur von einer Person,
dann von mehreren. ... Angst, Schreck, Verwirrung und der alles beherrschende
Gedanke Jetzt werde ich verrückt das hat sich
fest als Erinnerung eingegraben. Mit jemandem darüber zu reden, kam
auf gar keinen Fall in Frage."
Wenn heute sogar hinter den festgefügten Mauern psychiatrischer
Dogmatik die Vorstellung an Glaubwürdigkeit verliert, wer Stimmen
höre, sei krank, schlichtweg schizophren, dann ist das auch Hannelore
Klafkis Verdienst. Aus der verängstigten, als Kind sexuell missbrauchten
Frau, die bald darauf das Schicksal einer typischen Drehtürpatientin
der Psychiatrie erlitt, wurde die Mitbegründerin des internationalen
Stimmenhörer-Verbands INTERVOICE (1994) und des deutschen Netzwerks
Stimmenhören (1998).
Das Buch versammelt Vorträge und Aufsätze, aber auch Abbildungen
von Skulpturen, welche die Autorin als ausdrucksstarke Künstlerin
ausweisen. Obwohl in den Texten viel von schmerzhaften Erfahrungen in
der Kindheit und als Patientin der Psychiatrie die Rede ist, macht es
dennoch Spaß, die übrigens locker formulierten
Aufsätze zu lesen. Denn ihre kämpferischen Texte für die
Anerkennung des Stimmenhörens, des Anderseins überhaupt, weisen
den Weg aus einem Dasein als Opfer zu einem kreativen, selbstbestimmten
und politisch engagierten Leben, das Hannelore Klafki selbst gelebt hat.
Dabei hat die Autorin es nicht nötig, sich auf die Seite einer dogmatischen
Antipsychiatrie zu schlagen: Sie sondiert das verminte Gelände ihrer
Erfahrungen, der offiziellen Politik, der gesellschaftlichen Spielräume
und leitet daraus engagierte Forderungen ab, ohne sich gegen unangenehme
Einsichten zu sperren.
Dies Buch will ich wärmstens all denen ans Herz legen, die mehr
darüber erfahren wollen, wie es sich anfühlt, gerufen zu werden,
ohne zu wissen von wem, oder vielleicht "aus seinem Körper aussteigen"
zu müssen. Ganz besonders empfehlen will ich es außerdem allen,
die sich selbst gegen die immer noch geltenden Normen der Psychiatrie
engagieren wollen.
in: FAPI-Nachrichten, 5. März 2007
Jürgen Blume: Ein Leben mit Stimmen
Im Herbst 2005 ist Hannelore Klafki im Alter von 53 Jahren gestorben.
Nun ist eine Auswahl ihrer Schriften erschienen. Ganz unterschiedliche
Texte. Sehr persönliche Erfahrungsberichte über Ihr Erleben,
ihren Umgang mit Stimmen. Reden, Stellungnahmen, programmatische Texte
einer Frau, die sich von Anfang an im deutschen Netzwerk Stimmenhören
und darüber hinaus engagierte. Schließlich zahlreiche Abbildungen
von Klafkis Skulpturen. Bisweilen anrührende Kunstwerke, in denen
sich Trauer, Verletzung, aber auch ein Lächeln ausdrücken.
Man kann bei der Lektüre noch einmal die Geschichte der Stimmenhörerbewegung
nachvollziehen. Und das Sich-kennen-lernen einer Frau, die im Laufe der
Jahre ein Verhältnis zu ihren Stimmen entwickelt, das sie nicht mehr
ausschließlich zum Opfer ihrer Stimmen (und der Psychiatrie) macht.
Ein selbstbewusster Umgang, den sie auch anderen durch ihre Texte und
Seminare vermittelte. Bisweilen verbindet sich die Entwicklung einer Bewegung
ganz eng mit einer Person. Bei Hannelore Klafki und dem Netzwerk Stimmenhören
war das wohl so. So liegt mit diesem Buch auch eine erste Geschichte des
Netzwerks Stimmenhören vor. Aus sehr persönlicher Sicht. Wer
etwas über diese Bewegung erfahren will, wer etwas über die
persönliche Entwicklung des Umgangs mit Stimmen wissen will, wer
verstehen will, wie das sich anfühlt, mit Stimmen zu leben
der sollte zu diesem Buch greifen.
in: Brückenschlag (Neumünster), Band 23 (2007), S.
199-200
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