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des Antipsychiatrieverlags
in: Pro mente sana aktuell (Schweiz), 1998, Heft 1 (Psychopharmaka
notwendiges Übel?), S. 20-22 /
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Peter
Lehmann
Psychopharmaka absetzen gewusst wie
Mediziner
und Psychiater meinen zu wissen, wann sie psychiatrische Psychopharmaka verordnen
müssen. Doch über Entzugserscheinungen (auch bei Antidepressiva,
Lithium und Neuroleptika, sogenannten antipsychotischen Medikamenten), über
Rebound- und Supersensitivitätseffekte, Rezeptorenveränderungen und
behandlungsbedingt verstärkte oder chronifizierte Psychosen und Depressionen
machen sie sich wenig Gedanken, geschweige denn, dass sie die Betroffenen über
diese Probleme informieren und ihnen gar beim Absetzen beistehen von Ausnahmen
abgesehen. Um dieses Tabu zu brechen, haben sich erstmals eine Reihe kritischer
Psychiatriebetroffener, Mediziner, Psychiater, Psychotherapeuten, Sozialpädagogen
und Heilpraktiker in zwei neuen Büchern zu Wort gemeldet. Angesichts der
Tatsache, dass in Schmerzensgeldklagen im psychiatrisch-medizinischen Bereich
unterlassene Absetzversuche und daraus resultierende iatrogene Schäden bereits
in Urteilsbegründungen eingegangen sind, wird dieses Thema wohl so schnell
nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden.
Alternative psychosoziale Dienste
Ein wesentliches Charakteristikum alternativer psychosozialer
Dienste, so Karl Bach Jensen, Manager des Begegnungszentrums »Vækststedet«
(»Ort des Wachstums«) im dänischen Kolding und 1994 bis 1996 Vorsitzender
des Europäischen Netzwerks von Psychiatriebetroffenen, würde darin bestehen,
Menschen bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen unter anderem
durch gegenseitige Lernprozesse, Rechtsbeistand, alternative Medizin, gesunde
Ernährung, natürliche Heilverfahren und spirituelle Übungen. Die
alternative Arzneimittelkunde habe ein großes Wissen über die Wirkung
von Kräutern und Homöopathika, die dem Körper und der Psyche helfen
können, Entspannung und Wiederherstellung des Gleichgewichts zu finden. Mit
solchen Dingen könne man möglicherweise nicht so viel Geld verdienen,
doch sie sind es, die Zukunft haben, schrieb Jensen im Schlusswort des neu
erschienenen und von Peter Lehmann herausgegebenen Buch »Psychopharmaka absetzen
Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Lithium, Carbamazepin
und Tranquilizern«. Dies könne natürlich nicht heißen, die
Augen zuzumachen vor den realen Problemen, die viele Menschen haben. Menschen
sollte bei der Bewältigung ihrer Probleme wirksam geholfen werden. Laut Jensen
müssten sich alternative Systeme und dezentrale Dienste um die Bedürfnisse
von Menschen mit psychosozialen Problemen in einer Weise kümmern, dass der
Gebrauch von synthetischen und giftigen psychiatrischen Psychopharmaka minimiert
und auf lange Sicht überflüssig wird. Einen integrierten Teil eines
zukünftigen, ökologisch und humanistisch ausgerichteten Gesellschaftssystems
stelle der Verzicht auf toxische Stoffe in der Natur, im Wohnbereich, in der Ernährung
und in der Medizin dar. Der Verzicht auf den Einsatz chemischer Gifte im psychosozialen
Bereich könne unter folgenden Gesichtspunkten entwickelt werden:
»In der Öffentlichkeit, bei Professionellen wie bei Betroffenen ist
ein Bewusstsein über das inhumane, gefährliche und schädliche
Kosten-Nutzen-Verhältnis chronischer Einnahme psychiatrischer Psychopharmaka
zu schaffen. Internationale Empfehlungen und nationale Gesetze, die psychiatrische
Zwangsbehandlung und speziell juristisch verfügte Auflagen zur Dauereinnahme
im ambulanten Bereich ermöglichen, müssen bekämpft und verhindert
werden. Es ist wichtig, Wissen über Entzugsprobleme und darüber, wie
diese gelöst werden können, zu sammeln und zu verbreiten. Spezielle
Hilfsprogramme und Einrichtungen für Menschen mit Abhängigkeitsproblemen
müssen entwickelt werden. Die Aufklärung über schädliche
Wirkungen und Abhängigkeitsrisiken ist bereits vor der Erstverabreichung
psychiatrischer Psychopharmaka sicherzustellen. Die Verursacher psychopharmakabedingter
Schmerzen, Leiden und Behinderungen sind zur Zahlung von Schmerzensgeld zu verpflichten.
Es müssen Methoden, Systeme, Dienste und Institutionen einer kurz-,
mittel- und langfristigen Hilfe und Unterstützung entwickelt werden, die
in keiner Weise auf der Verabreichung von synthetischen Psychopharmaka aufbauen.«
Absetzen im Weglaufhaus
Eine
dieser wenigen alternativen Einrichtungen, in denen Psychiatriebetroffene in ihrem
Wunsch nach möglichst gefahrlosen Absetzen von psychiatrischen Psychopharmaka
vorbehaltlos unterstützt werden, ist das Weglaufhaus in Berlin. Dort arbeiten
zehn PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, ehemalige Psychiatriebetroffene und
vier Honorarkräfte rund um die Uhr (wobei die Hälfte der MitarbeiterInnen
ehemalige Psychiatriebetroffene sind). Wie in dieser bundesweit einzigartigen
öffentlich finanzierten antipsychiatrischen Zufluchtstätte für
Psychiatriebetroffene ohne Wohnung (Tel. 030 40632146) mit psychiatrischen
Psychopharmaka umgegangen wird, schildert die Mitarbeiterin Kerstin Kempker in
ihrem Buch »Flucht in die Wirklichkeit Das Berliner Weglaufhaus«:
»Wenn man davon ausgeht, dass es ein Hauptanliegen des
Weglaufhauses ist, einen Ort jenseits psychiatrischer Zuschreibungen und Methoden
zu bieten, dann müsste die Auseinandersetzung mit der psychiatrischen
Methode überhaupt, dem Verschreiben und Verabreichen von Neuroleptika, Antidepressiva
und Tranquilizern, eigentlich einen großen Raum im Weglaufhaus einnehmen.
Auf den ersten Blick vielleicht erstaunlich, auf den zweiten aber gar nicht: Pillenschlucken
ist im Weglaufhaus kaum Thema. Es wird gestritten, gelitten, gebrüllt, zerstört
aber es wird selten geschluckt (Pillen, Alkohol), wenn auch viel geraucht
(Tabak). Es wird viel Tee getrunken, verschiedenste Kräutertees, zeitweilig
auch viel Kaffee. Der Sandsack im Keller wird genutzt, noch häufiger die
weiten Felder, die sich am Ende der Straße bis zum Nachbardorf erstrecken.
Wer nachts nicht schlafen kann, bleibt wach, redet mit uns, mit anderen BewohnerInnen
oder mit sich selbst, badet, hört Musik, liest, kocht sich etwas. Bei MitarbeiterInnen
wie BewohnerInnen beliebt sind ausgiebige Abendspaziergänge.«
Den
ständigen Anlass für eine Pille, wie ihn viele aus der Psychiatrie
kennen, gebe es nicht, was für manche gerade zu Beginn ihres Aufenthalts
schwer auszuhalten sei. Sie fährt sie fort:
»Denn
so sehr sie auch loskommen wollen von diesen Psychopharmaka, so sehr ist es auch
ihre letzte Krücke, das, was da ist, wenn sonst nichts mehr da
ist. Es hat sich bewährt, für solche Momente einen Platz in unserem
Safe anzubieten. Wir heben das Mittel dort auf, und wenn wirklich nichts mehr
geht, dann kann er oder sie darauf zurückgreifen. Diese Sicherheit hat fast
immer genügt, um von ihr nicht Gebrauch machen zu müssen. Auf dem
Weg zum Safe sind außerdem wir anzusprechen, nicht als Krankenpfleger, mit
denen um die Bedarfsmedikation gerungen wird, sondern als Menschen, die begreifen
wollen, was los ist, denen 'zig andere Dinge als Entlastung, Überbrückung,
vielleicht Lösung einfallen, am allerwenigsten aber Pillen.
Und
da alle BewohnerInnen, die mehr als zwei Wochen im Weglaufhaus blieben, entweder
von vornherein keine psychiatrischen Psychopharmaka schluckten oder aber diese
plötzlich bzw. stufenweise im Weglaufhaus absetzten, gebe es auch unter den
MitbewohnerInnen ein großes Erfahrungspotential, wie es ohne
gehen kann und was überhaupt alles erst ohne wieder geht.«
Keine Patentrezepte!
Ein
Patentrezept, mit dem Probleme beim Absetzen und beim Entzug von psychiatrischen
Psychopharmaka ausgeschlossen werden können, gibt es jedoch nicht. Dies ist
ein Erfahrungsgrundsatz, den die 35 psychiatriebetroffenen AutorInnen von »Psychopharmaka
absetzen« ebenso teilen wie die zehn Psychotherapeuten, Psychiater, Mediziner,
Sozialarbeiter und Heilpraktiker, die ergänzend berichten, wie sie ihren
Klientinnen und Klienten beim Absetzen helfen.
Die Verschiedenheit der Menschen,
ihrer Probleme und ihrer Möglichkeiten verbietet einen Gedanken an Patentrezepte
schon im Ansatz. Der Überblick über die von den AutorInnen beschriebenen
Faktoren, die sie für ihr erfolgreiches Absetzen als wesentlich betrachten,
zeigt die Vielfalt der Herangehensweisen und Bedürfnisse.
Absetzen in Selbsthilfe
Bei sich abzeichnenden Problemen ist die allmähliche
Dosisreduzierung der beste Weg, Entzugsrisiken zu verringern. Dies ist besonders
wichtig, wenn das Psychopharmakon länger als ein oder zwei Monate verabreicht
wurde. Optimal wäre es, wenn alle Faktoren, die für ein erfolgreiches
Absetzen genannt wurden, gleichzeitig vorhanden sind: eine verantwortungsbewusste
Einstellung, eine an die Bedingungen des Körpers, des Psychopharmakons, der
Dosis und Dauer der Einnahme angepasste Absetzgeschwindigkeit, ein unterstützendes
Umfeld, geeignete Hilfemaßnahmen, fähige Profis und eine unterstützende
Selbsthilfegruppe.
In der Regel ist jedoch davon auszugehen, dass die Bedingungen
beim Absetzen alles andere als optimal sind. Schlimmstenfalls bleibt nichts anderes
übrig, als sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf der psychopharmakologischen
Abhängigkeit herauszuziehen. »Wie Münchhausen«, wird der psychopharmaka-abhängige
Pirmin Reichenstein von seinem absetzerfahrenen Bruder belehrt. Gerda W.-Z. macht
Mut:
»Wir sind auf uns selbst Gestellte, aufgerufen,
verantwortlich zu leben. Wir sind nicht nur von anderen Verurteilte, von anderen
Geknebelte. Wir haben immer mehr Kräfte (auch Selbstheilungskräfte)
zur Verfügung, als wir an dunklen Tagen glauben mögen.«
Einige
AutorInnen schreiben, als Voraussetzung fürs Gelingen sei es wichtig, psychopharmakaverordnende
Mediziner in ihrer Inkompetenz bzw. ihren herabgesetzten Möglichkeiten zu
wirksamer Hilfe zu durchschauen, Illusionen in ihre Hilfeversprechen aufzugeben
und sich vom behandelnden Arzt bzw. Psychiater sowie dem stigmatisierenden und
die Betroffenen zu handlungsunfähigen Patienten machenden Krankheitsverständnis
zu trennen. »Ich habe 21 wertvolle Jahre meines Lebens verschenkt und vergeblich
auf Besserung oder Heilung gehofft«, resümiert Bert Gölner. Schließlich
sagte ihm sein Verstand: »Erkenne dein Leiden und sei dein eigener Therapeut
hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner.«
Um das Absetzen auch
mittel- und langfristig erfolgreich zu machen, sei es generell notwendig, sich
der Anpassung an unangenehm empfundene Situationen zu verweigern; hierzu kann
sowohl das Verlassen einer belastenden Umgebung gehören wie auch die Beendigung
einer ungeeigneten Partnerschaft. Bereits das Auftreten einer psychischen
Krankheit sei an sich ein Signal, das die Notwendigkeit von Veränderungen
anzeige, so Maths Jesperson: »Verrücktheit ist keine Krankheit, die
es zu kurieren gilt. Meine Verrücktheit trat ein, um von mir ein neues Leben
einzufordern.«
Wer es lernt, die eigenen Gefühle ernstzunehmen,
der eigenen Intuition zu folgen, Warnzeichen aufkommender Krisensituationen zu
erkennen und entsprechend zu reagieren, entgeht eher der Gefahr, erneut Psychopharmaka
verordnet zu bekommen. So war es für einige AutorInnen hilfreich, dass sie
Gelassenheit gegenüber belastenden Lebensumständen, Geduld, Mut und
Entschlossenheit sowie die Einsicht entwickelten, dass Leiden zum Leben dazugehört.
Sie gestehen sich jetzt Fehler zu, akzeptieren Rückschläge, ohne gleich
zu verzweifeln. So schreibt Tara-Rosemarie Reuter: »Um das Instrumentarium
zu verfeinern, braucht es Rückfälle. Wie anders sollte man sonst lernen?«
Die
AutorInnen haben gelernt, angstbesetzte Situationen zu durchleben und tiefsitzende
Ängste abzubauen. Wilma Boevink berichtet:
»Im
Lauf der Jahre habe ich den Mut gefunden, dem in die Augen zu sehen, was ich mit
all den Abhängigkeiten hatte zudecken wollen. Ich habe die Ungeheuer aus
meiner Vergangenheit bekämpft, und um das tun zu können, musste
ich sie erst zulassen und ihnen in die Augen sehen. (...) Man muss zudem
den Mut aufbringen, sich einzugestehen, wie es so weit hatte kommen können.«
Sich aus emotionalen Verstrickungen zu lösen,
gelang den Betroffenen um so leichter, je eher sie Einsicht in Gewaltzusammenhänge
entwickelten, verrückte und störende Symptome verstanden
und angemessen in alternativer Weise auf Krisen reagierten. Entsprechend gewinnen
die Symptome trotz aller möglicherweise mit ihnen einhergehenden
Gefahren und Leidenszustände an Aussagekraft. Die nach Ende einer akuten
Phase ob Verrücktheit oder Depression aufgenommene
Suche nach dem Sinn des Wahnsinns hat vorbeugenden Charakter, wie
Regina Bellion feststellt:
»Wer sich danach mit
seinen psychotischen Erlebnissen auseinandersetzt, läuft anscheinend nicht
so bald in die nächste psychotische Phase.«
Manche
nennen als Grundvoraussetzung, die eigene (Mit-)Verantwortlichkeit für ihr
Leben, ihre problembelastete Vergangenheit und ihre Verantwortung für ihre
Zukunft zu erkennen. Carola Bock erkennt selbstkritisch:
»Heute weiß ich, dass ich mit schuld an den Krisen war, weil ich
falsch gehandelt hatte und selbst kein Engel war. Meine Probleme war ich oft falsch
angegangen, zu kopflastig, Lebenserfahrung hatte ich auch noch nicht genügend
gesammelt.«
Als sehr konkrete Auswirkung von Selbstverantwortung
gilt einigen die Notwendigkeit, auf gesunde und regelmäßige Schlafgewohnheiten
zu achten.
Zu den positiven Lebensperspektiven, die das Absetzen von Psychopharmaka
begünstigen, zählen vor allem eine erfüllende und sinnvolle Beschäftigung,
sei es eine bezahlte Arbeit oder eine hobbyartige Tätigkeit (insbesondere
Schreiben), sowie Freundschaften und die Liebe. Dabei kommt es auch darauf an,
nicht den Boden unter den Füssen zu verlieren, sondern sich abgrenzen und
auf die Hinterbeine stellen zu lernen und auch über heikle Dinge zu sprechen.
Freundschaften beweisen ihren Wert, wenn der Kontakt auch in Krisen aufrecht erhalten
wird.
Auf gleicher Ebene anzusiedeln sind Selbsthilfegruppen,
sofern sie es ermöglichen, dass ein offener Austausch über persönliche
Probleme ohne Beeinflussungsversuche stattfindet. Selbsthilfegruppen liefern
auch den Rahmen für gegenseitige Beratung und für die Verbreitung von
Informationen über mögliche Psychopharmakaschäden und Entzugsprobleme.
»Am meisten brachten mir jedoch die Gespräche mit den Erfahrenen, die
vergleichbare Erlebnisse und eine ähnliche Weltanschauung hatten«, berichtet
Nada Rath.
Professionell unterstützen
Als weitere Hilfen beim Verringern von Absetz- und Entzugsproblemen gelten homöopathische
Entgiftung, Linderung von Entzugsproblemen mit naturheilkundlichen Mitteln (z.B.
Johanniskraut, Baldrian), Körperarbeit, Psychotherapie, Gruppen- und Einzelgespräche,
sportliche Betätigung, Meditation, Gebete, schamanische Praktiken und vieles
mehr.
Wie wichtig eine nichtdiskriminierende zwischenmenschliche Beziehung
zwischen Absetzwilligen und professionellen HelferInnen ist, betont Erwin Redig:
»Die Unterstützung wird nicht von den Leuten kommen,
die uns für krank erklärt haben. Sie muss bei denen gesucht werden,
die uns mit anderen Augen sehen, die eine ehrliche Wertschätzung für
uns empfinden und ein wirkliches Interesse an uns haben.«
Professionelle HelferInnen nennen als Voraussetzung für eine wirksame Unterstützung
ihre menschliche Präsenz sowie ihre gute Erreichbarkeit in der krisenträchtigen
Zeit des Absetzens. Aber auch die Betroffenen müssen ihren Teil zur
Überwindung der Probleme beitragen, die mit dem Absetzen einhergehen können.
Dass dies nicht immer einfach ist, weiß die Psychologin Constanze Meyer:
»Gemeinsam ist diesen Lösungen, dass sie meist zeitaufwendig
sind und eine aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation und mit
den eigenen Einstellungen und Verhaltensmustern erfordern.«
Je mehr Angst beim Absetzen auf seiten der Betroffenen vorhanden ist, desto wichtiger
wird das Vertrauensverhältnis zum professionellen Helfer und dass »...
der Patient weiß, dass er sich bei auftretenden Schwierigkeiten auf seinen
Therapeuten verlassen kann«, so der Heilpraktiker Klaus John. Seine Kollegin
Elke Laskowski weist auf das Zusammenspiel zwischen fachlichen und menschlichen
Angeboten hin: »Natürlich besitzen Gespräche und Angebote, jederzeit
anrufen zu können, ebenfalls eine nicht zu unterschätzende therapeutische
Wirkung.«
Bei den Betroffenen möglicherweise vorhandene Ängste
sollten durch sachliche und fundierte Informationen über Risiken der Psychopharmaka
sowie des Absetzens relativiert und so verringert werden. Dass sich die bei der
Begleitung von Entzugsprozessen verwendeten Praktiken wie zum Beispiel Akupunktur
oder Bach-Blüten bei Berichten der psychopharmakabetroffenen AutorInnen wiederfinden,
ist wenig überraschend. Andere Maßnahmen, beispielsweise Ernährungsumstellung
oder ein durchdachter Einsatz körpereigener Drogen, sind es angesichts
der häufig noch vorhandenen Probleme, ohne Psychopharmaka zurechtzukommen,
sicher wert, von Absetzwilligen ausprobiert zu werden.
Weiterführende
Literatur
-
-
Lehmann,
Peter (Hg.): Psychopharmaka absetzen. Erfolgreiches Absetzen
von Neuroleptika, Antidepressiva, Lithium, Carbamazepin
und Tranquilizern, Berlin: Antipsychiatrieverlag 1998
(5., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2019;
E-Book
2023)
-
Lehmann, Peter: »Schöne
neue Psychiatrie«, Band 2: Wie »Psychopharmaka
den Körper verändern«, Berlin: Antipsychiatrieverlag
1996 (S. 353-456: über Entzugserscheinungen und Absetzprobleme
auch bei Antidepressiva, Neuroleptika und Lithium) (E-Book
2022)
-
Ochsenknecht, Anna: »Die seelische Balance Pflanzenheilkundliche
Unterstützung bei psychischen Problemen und beim Entzug
von Psychopharmaka«, in: Kerstin
Kempker & Peter Lehmann (Hg.): Statt Psychiatrie,
Berlin: Antipsychiatrieverlag 1993, S. 82-94
Copyright by Peter Lehmann 1999