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des Antipsychiatrieverlag
Original in: Wolfram Pfreundschuh (Hg.): Kulturkritisches
Lexikon (Internetveröffentlichung vom 2. Februar 2014). Letzte
Aktualisierung am 4. Juli 2023
Psychopharmaka eine Übersicht über die Wirkstoffgruppen
Mit Psychopharmaka meint man diejenigen psychotropen, das heißt
die Psyche beeinflussenden Substanzen, die psychische Veränderungen
herbeiführen, wenn sie in den Körper einverleibt werden.
Dies kann Schokolade sein, Alkohol, Heroin oder auch eine Substanz,
die man unter einer medizinischen Indikationen als Medikament verwendet.
In der Humanmedizin (einschließlich Psychiatrie) kommen aus
der Vielzahl der psychotropen Substanzen Vertreter aller Psychopharmakagruppen
zum Einsatz:
- Neuroleptika,
z. B. Abilify, Dapotum, Haldol, Imap, Latuda, Leponex, Reagila,
Rexulti, Risperdal, Seroquel, Zyprexa
- Antidepressiva,
z. B. Anafranil, Aurorix, Johanniskraut, Floxyfral, Fluctin, Insidon,
Tofranil
- Phasenprophylaktika / Stimmungsstabilisatoren: Lithium,
Antiepileptika (wie z.
B. Finlepsin, Tegretal, Timonil)

- Tranquilizer,
z. B. Halcion, Lexotanil, Librium, Ludiomil, Noveril, Rohypnol,
Tavor, Valium
- Psychostimulanzien, z.
B. Attentin, Captagon, Focalin, Elvanse, Kokain, Ritalin, Strattera

- Hypnotika (Beruhigungs- und Schlafmittel), z. B. Amytal,
Antabus, Baldrian, Distraneurin, Heroin, Luminal, Opium

- Halluzinogene / Rauschmittel wie z. B. Cannabis, LSD,
Mescalin
- Antiparkinsonmittel,
z. B. Akineton, Amantadin, Artane, Parkopan, PK-Merz, Symmetrel

Im Zeitalter der Biochemie stehen im Zentrum der medizinisch-psychiatrischen
Praxis naturgemäß Substanzen, die psychische Prozesse
über eine Veränderung des Aktivitätszustands des
Zentralnervensystems beeinflussen. Setzt man diese Substanzen mit
medizinisch-psychiatrischen Überlegungen ein, spricht man von
psychiatrischen Psychopharmaka auch wenn der größte
Anteil von Allgemeinmedizinern verordnet wird.
In der Tiermedizin werden psychiatrische Psychopharmaka ebenfalls
eingesetzt, beispielsweise Antidepressiva zur Behandlung von tagsüber
vom Herrchen alleingelassener und mit Trauer reagierender Hunde,
oder Neuroleptika zur Ruhigstellung gefährlicher Tiere bei
medizinischen Eingriffen.
Profitorientierte Pharmafirmen drängen verständlicherweise
darauf, dass Mediziner synthetische Psychopharmaka einsetzen, an
denen sich mehr verdient lässt. Natürliche Stoffe wie
Baldrian oder Johanniskraut werden demzufolge in der modernen Medizin
kaum verwendet.
Verschiedene psychiatrische Psychopharmaka können auch in
der Körpermedizin als Medikamente verschrieben werden. Andererseits
werden auch verschiedene Medikamente der Körpermedizin als
psychiatrische Psychopharmaka eingesetzt, beispielsweise:
-
Anästhetika (Schmerzmittel) sind auch keine psychiatrischen
Psychopharmaka, können jedoch als solche verordnet werden, beispielsweise
Ketamin (Ketalar) und Esketamin (Ketanest) bei als behandlungsresistent
geltenden Depressionen. In der Techno-Szene ist Ketamin aufgrund
seiner bewusstseinsverändernden und halluzinogenen Wirkung als
Partydroge beliebt. Ihr regelmäßiger Konsum kann Gedächtnisprobleme
und Psychosen auslösen. Verbrecher setzen Ketamin auch als K.o.-Mittel
ein.
-
Antiepileptika:
Aufgrund ihrer dämpfenden Wirkung auf das Zentralnervensystem
setzt man einige Antiepileptika auch als Stimmungsstabilisatoren
/ Phasenprophylaktika ein, weshalb sie zur Gruppe der psychiatrischen
Psychopharmaka gerechnet werden können.
-
Antiparkinsonmittel (z. B. Akineton, Amantadin, Artane,
Sormodren) sind keine Psychopharmaka, werden aber in Verbindung
mit Neuroleptika gerne zur Kaschierung von Muskelstörungen oder
zur Linderung akuter Muskelkrämpfe gegeben und können unerwünschte
psychische Wirkungen haben (z. B Angst- und Unruhezustände,
Halluzinationen und toxische Delire).
-
Antisympathotonika (blutdrucksenkende Mittel): Aus dieser
Gruppe kann Guanfacin (Handelsname Intuniv) bei der Diagnose
ADHS verordnet werden; es hat eine Vielzahl unerwünschter psychischer,
zentral-nervöser, vegetativer, motorischer und Organwirkungen
-
Cannabinoide
mit niedrigem Gehalt an THC (Tetrahydrocannabinol) einer
der Wirkstoffe von Marihuana / Haschisch / Cannabis / Hanf,
das zur Substanzgruppe der Halluzinogene / Rauschmittel zählt
werden in der Humanmedizin (Psychiatrie inklusive) gelegentlich
als Schmerz- und Beruhigungsmittel eingesetzt.
-
Hypnotika (Beruhigungs-
und Schlafmittel) kommen in der Humanmedizin unter den vielfältigsten
Indikationen zum Einsatz.
-
Psychostimulanzien sind Aufputsch- und Dopingmittel.
In der Humanmedizin wird aus dieser Substanzgruppe meist Ritalin
als psychiatrisches Psychopharmakon eingesetzt, und zwar unter
der Indikation »ADHD« »attention deficit
hyperactivity disorder«, »Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung«).
Synonyme Begriffe sind »hyperkinetisches Syndrom«,
»MCD« »minimale Hirn- bzw. cerebrale Dysfunktion«)
oder »Zappelphilipp-Syndrom«). Ritalin hat eine den
Amphetaminen vergleichbare Wirkung; aufgrund ihrer natürlichen,
starken Sensibilität reagieren Kinder und Jugendliche in
der Regel paradox, das heißt, sie werden in ihrer als
übermäßig empfundenen Lebendigkeit gedämpft.
Auch Erwachsenen mit der Diagnose »ADHD« verabreicht
man Psychostimulanzien.
Literaturempfehlungen zu Psychopharmaka-Risiken, unerwünschten
Wirkungen, zum Absetzen und zu Alternativen:
Peter
Lehmann / Craig Newnes (Hg): Psychopharmaka reduzieren und absetzen
Praxiskonzepte für Fachkräfte, Betroffene, Angehörige
Peter
Lehmann / Volkmar Aderhold / Marc Rufer / Josef Zehentbauer: Neue
Antidepressiva, atypische Neuroleptika Risiken, Placebo-Effekte,
Niedrigdosierung und Alternativen
Peter
Lehmann: Der chemische Knebel Warum Psychiater Neuroleptika
verabreichen
Peter Lehmann:
Schöne neue Psychiatrie. Band 1: Wie Chemie und Strom auf Geist
und Psyche wirken. Band 2: Wie Psychopharmaka den Körper verändern
Peter
Lehmann (Hg.): Psychopharmaka absetzen Erfolgreiches Absetzen
von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und
Tranquilizern
Peter
Lehmann / Craig Newnes (Hg): Psychopharmaka reduzieren und absetzen
Praxiskonzepte für Fachkräfte, Betroffene, Angehörige
Peter Lehmann
/ Peter Stastny (Hg.): Statt Psychiatrie 2
Josef
Zehentbauer: Chemie für die Seele Psyche, Psychopharmaka
und alternative Heilmethoden
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