Homepage
des Antipsychiatrieverlags
in:
Kerstin
Kempker & Peter Lehmann (Hg.): Statt Psychiatrie, Berlin:
Peter Lehmann Antipsychiatrieverlag 1993, S. 382-388 ·
englische
Übersetzung
Beiträge von
Don
Weitz,
Alfredo
Moffatt,
Peter
R. Breggin,
Bonnie
Burstow,
Wolfgang Fehse,
Sylvia
Marcos,
Gisela
Wirths,
Peter
Stastny,
Theodor
Itten,
Sabine
Nitz-Spatz,
Kerstin
Kempker,
Thilo
von Trotha,
Uta
Wehde
Lothar
Jändke
Persönliche
Beweggründe für antipsychiatrisches Handeln
Ich wurde am 15. Februar 1917 als Sohn des Buchdruckers Fritz
Jändke und seiner Ehefrau Elsbeth, geb. Hahn, in Berlin-Steglitz
geboren. Seit frühester Kindheit gelte ich als Psychopath.
Von Geburt an habe ich einen Grauen Star an beiden Augen. Vom
3. bis 10. Lebensjahr litt ich an epileptischen Anfällen.
Manches Mal habe ich zwölf aufeinanderfolgende krampfartige
Schübe gehabt, so dass ich kaum noch die Umgebung wahrnehmen
konnte. Herr Dr. Rettberg und Herr Dr. Senkpiel haben meiner Mutter
einmal gesagt, dass ihr Sohn höchstens 18 Jahre alt würde.
Wie sehr haben sie sich doch getäuscht, denn ich wurde in
diesem Februar 76 Jahre alt.
Dr. Löhlein sowie sein Mitarbeiter Dr. Harms von der Berliner
Universitäts-Augenklinik Ziegelstraße haben mich gründlich
untersucht und eine Augenoperation empfohlen. Meine Eltern konnten
damals die Kosten des Eingriffs nicht aufbringen. Ich war kein
Mitglied der Krankenkasse, und das Wohlfahrtsamt zahlte nicht.
So wurde der Eingriff aufgeschoben, bis ich 18 Jahre alt war.
Vom 10. bis zum 14. Lebensjahr hat mir das Jugendamt Steglitz
nach gründlicher Untersuchung durch den Schularzt Dr. Sewike
Hausunterricht durch den Lehrer Herr Harry Küper von der
hiesigen Gemeindeschule zugebilligt, weil die Hilfsschule wegen
des Grauen Stars und der Epilepsie für mich nicht geeignet
war.
Mit 18 wurde ich, am 2. April 1935, durch das Steglitzer Jugendamt
in die Brandenburgische Provinzial-Landesanstalt Potsdam eingewiesen.
Meine Eltern haben keinen Widerstand geleistet, weil sie glaubten,
ich sei in guten Händen und würde eine für mich
passende Beschäftigung erlernen. Aber leider war das Gegenteil
der Fall.
Als ich dort aufgenommen wurde, kam ich auf eine Station, wo
sich hauptsächlich Fürsorgezöglinge befanden, obwohl
ich doch als Kranker eingeliefert worden war. Ich war deren Willkür
erbarmungslos ausgesetzt. Ich musste mir so manche Schikanen gefallen
lassen, zum Beispiel drückten sie beim Baden meinen Kopf
unter Wasser, so dass ich zu ertrinken drohte. Mit letzter Kraft
konnte ich mich befreien und aus dem Wasser retten. Denselben
Tag steckte man mich nach dem Baden in eine Zelle, man schlug
mich mit dem Besenstiel. Wenn sie die Tür öffneten,
schlugen sie wieder zu und schlossen mich erneut ein. Das Pflegepersonal
hat dagegen nichts unternommen und hat tatenlos zugesehen. Ich
hielt es fast nicht mehr aus und war am Ende meiner Kraft. Als
ich mich um Hilfe an das Pflegepersonal wandte, wurde ich abgewiesen
und sogar verspottet. Die eine Obererzieherin, Frl. Wally Leucht,
jetzige Frau Kirchmeier, sagte zu mir: »Du wirst die Anstalt
mit grauen Haaren verlassen.« Das hat sich dann auch bestätigt.
Zur Hausarbeit wurde ich herangezogen, und ich wurde von diesen
sogenannten Pflegerinnen geohrfeigt, wenn meine Arbeit nicht so
ausfiel, wie sie es angeordnet hatten, obgleich sie wussten, dass
ich mit meinem Augenleiden sehr schlecht sah.
Weil ich dem nazistischen Drill nicht Gehorsam leistete, wurde
ich zusätzlich bestraft: weil ich mich weigerte, »Heil
Hitler« zu sagen. Das war angeblich ein so großes Verbrechen,
dass man drohte, mich ins Gefängnis oder ins KZ zu sperren.
Auf der Aufnahmestation hatte ich mich mit dem Patienten Helmuth
L. angefreundet, weil er auch sehr roh behandelt wurde. Er war
elf Jahre alt und völlig blind. Das Pflegepersonal hatte
über uns verbreitet, dass wir gemeinsam unsittliche Dinge
treiben, z.B. Homosexualität. Das war eine Verleumdung.
In der Anstaltskorbmacherei hatte ich mir einen schlimmen bösartigen
Finger geholt. Als ich zur Augenoperation in das Potsdamer St.-Josephs-Krankenhaus
eingeliefert wurde, operierte man auch den Finger, wodurch er
gerettet wurde. Als ich wieder in die Anstalt zurückkam,
wurde mir zum Vorwurf gemacht, dass ich ihn von mir aus hatte
behandeln lassen.
In der Anstalt mussten wir Frühsport treiben, gemeinsam
mit den Zöglingen »Dauerlauf Marsch, Marsch,
Marsch!« Da diese wussten, dass ich schlecht sah, legten
sie mir Ziegelsteine in den Weg, damit ich hinfallen sollte, was
auch passierte.
In die Korbmacherei, die in einem feuchten Keller lag, hat man
mich zur Arbeit gesteckt. Der Meister war sehr roh und hässlich
zu den Kranken. Wenn man nicht sofort das Gewünschte fand,
schlug man uns Weidenruten um die Ohren. Beim Anpflanzen von Weidenstecklingen
in der kalten Jahreszeit bekamen wir nichts Warmes anzuziehen
und froren erbärmlich. Der Korbmachermeister hieß Edwin
Mäuselbach. Während wir die Stecklinge pflanzten, wurden
wir von Krankenpflegern streng bewacht, und wenn wir nicht schnell
genug arbeiteten, wurden wir mit Füßen getreten und
mit Fäusten geschlagen.
Am 20. Dezember 1935 wurde ich gegen meinen Willen und den meiner
Eltern sterilisiert. Der Eingriff wurde vom Amtsgericht Potsdam
unter Mitwirkung von Oberarzt Dr. Ernst Illing, Dr. Lehmann, Dr.
Kühnlein und Dr. Casparri angeordnet und in der Potsdamer
Anstalt durchgeführt. (Nach 1945 besuchte ich die
inzwischen verstorbene Pflegerin Klara Herzog aus der Landesanstalt
Potsdam. Sie erzählte mir, dass ihr ehemaliger Anstaltsdirektor,
Dr. Hans Heinze, 1938 mit einem Teil des Pflegepersonals nach
Görden gewechselt war, wo er dann Kranke und Zöglinge,
damit sie nicht gegen ihn aussagen konnten, getötet und verscharrt
hatte. Und 1948 fand ich im Berliner Tagesspiegel und im
Telegraf Artikel, aus denen hervorging, dass Dr. Illing
in die Wiener Landesanstalt Steinhof versetzt worden war, wo er
mehrere als schwachsinnig geltende Kranke mit Morphiumspritzen
umgebracht hatte und deshalb zum Tode verurteilt wurde.) Zurück
zu meiner Zwangssterilisation von 1935: Da sie nicht gewissenhaft
betäubt hatten, musste ich große Qualen erdulden und
mir, als ich vor Schmerzen schrie, vom Pflegepersonal so manchen
Spott anhören: »Du bist kein Soldat, sondern eine Memme!
Du siehst schlecht und hörst sachte.« Weiterhin sagten
sie: »Du kannst nicht weiter sehen als ein Schwein scheißt.«
Der Chirurg hatte mir streng verboten, anstrengende Arbeiten
zu leisten, weil ich nach einem solch schweren Eingriff geschont
werden müsse. Die Anstaltspfleger hielten sich aber nicht
daran und ließen mich nach 14 Tagen schon wieder schwer
arbeiten, zum Beispiel die schweren Eisenkessel mit dem Essen
von Haus zu Haus tragen.
Von der Aufnahmestation kam ich zu einer anderen Station und
hier zu dem Pfleger Willy Heinrich. Dieser hat mir gewisse Mengen
Nahrungsmittel eingezwungen, obwohl ich satt war. Ich vertrug
es nicht mehr und erbrach. Als ich mich wehren wollte, drohte
er mit strengen Strafen, zum Beispiel mich in eine Zelle zu sperren.
Vor lauter Angst habe ich alles über mich ergehen lassen.
Dadurch bekam ich eine schwere Magen- und Darmkrankheit, an der
ich heute noch leide.
Als man mich am linken Auge operierte, wurden mir Scopolamintropfen
(aus dem Gift der Tollkirsche) verordnet. Als ich von der Operation,
zu der ich beurlaubt worden war, zurückkam, war Scharlach
in der Anstalt ausgebrochen. Die Pfleger sagten mir, auf der Station
seien keine Scharlachkranken. Als ich in meinen Schlafsaal kam,
waren die Erkrankten doch dort verblieben. Zu dieser Zeit tropfte
Herr Pfleger Heinrich die Scopolamintropfen so unvorsichtig reichlich
in das kranke Auge, dass sie durch die Augenhöhle in den
Hals und den Magen gelangten. Mir wurde im Hals ganz bitter. Der
Augenarzt Dr. Iwen sagte mir, dass das Scopolamin in größerer
Menge Vergiftungserscheinungen hervorrufen würde. Das zeigte
sich auch sehr bald in Form eines großen Schwächeanfalls
mit Herzklopfen und starker Übelkeit in der Magengegend.
Mein Gesicht war kreideweiß, sagten mir die Pfleger, und
auf meinen Knien zeigten sich große rote Flecken. Nun dachten
die Pfleger, ich hätte Scharlach, aber als sich keine weiteren
Anzeichen einstellten, musste ich das Bett verlassen und wieder
arbeiten. Von diesem 29. Januar 1937 an hatte ich ständig
Auftreibung des Leibes, verbunden mit grünen Flecken im Gesicht
und Verstopfung. Wenn ich um Abführmittel bat, verweigerten
sie es mir, meine Eltern mussten sie mir heimlich zustecken, wenn
sie mich besuchten.
Vergiftungen infolge schlechter Wurst hatten alle Patienten der
Station zu beklagen. Damals bekamen alle schweren Durchfall. Als
Mittagessen erhielten wir muffigen Reis, auch unreifes Obst wurde
uns gereicht.
Zwei Patienten meiner Station haben sich das Leben genommen.
Einer hat sich erhängt, kurz bevor ich in die Anstalt eingeliefert
worden war. Alfred Noack ist bei einem Stadtausgang ins Wasser
gegangen. Karl Lorenz hat sich im Keller erhängt.
Alle Briefschaften wurden vom Anstaltspersonal kontrolliert und
durchgelesen, ehe sie an unsere Angehörigen weitergeleitet
wurden. Manche Briefe wanderten in den Papierkorb. So konnte man
nicht die volle Wahrheit über die Zustände berichten.
Zum Beispiel wurden in der Potsdamer Anstalt Kleinkinder mit verdorbener
Milch gefüttert, wonach sie qualvoll an Brechdurchfall starben.
Am 25. März 1937 wurde ich endlich aus dieser 'Heilanstalt'
entlassen. Ich war an Leib und Seele ruiniert. Am folgenden 19.
April wurde ich bei der Musterung zum Militär- und Arbeitsdienst
für völlig untauglich befunden.
Anfang 1938 kam ich auf eigenen Wunsch in die Anstalt Wuhlgarten
im Osten Berlins. Man hatte mir erzählt, dass ich es nur
auf diesem Umweg erreichen würde, nach Bethel zu gelangen.
In Wuhlgarten hat man mich sechs Wochen lang zur Beobachtung ins
Bett gesteckt, obgleich meine Mutter gesagt hat, dass ich dies
wegen meiner Verstopfung nicht vertrage. Abführmittel wurden
mir auch dort verweigert.
Die Pfleger sind die ganze Nacht mit ihren schweren Stiefeln
und brennenden Stablaternen hin und her gelaufen, so dass wir
kaum schlafen konnten. Auf Wunsch meiner Eltern wurde ich im April
1938 entlassen und kam nach Hause. Auf Veranlassung von Herrn
Prof. Dr. Werner in Steglitz wurde ich im Schöneberger Krankenhaus
geröntgt. Dadurch hat Dr. Stein festgestellt, dass ich an
der Hirschsprungschen Krankheit leide, einschließlich aller
dazugehörigen quälenden Symptome wie zum Beispiel einem
Pylorospasmus, einem krankhaften anhaltenden Zusammenziehen des
Magenpförtners. Die Krankheit sei in den Anstalten durch
die falsche und aufgezwungene Behandlung entstanden. Dr. Werner
war der Ansicht, dass sie durch eine Operation zu beseitigen wäre.
Aber die Gesetze des Dritten Reiches erlaubten dies nicht, weil
ich als geisteskrank galt. Ein Brief, den Dr. Stein an Prof. Werner
zu meinem Röntgenbild geschrieben hatte, wurde mir vom Amtsarzt
Dr. Mette entwendet. Zu ihm war ich gegangen, um die Überweisung
in ein Krankenhaus zwecks Magenoperation zu erreichen. Stattdessen
wollte er mich wieder nach Wuhlgarten schicken. Damit waren meine
Eltern nicht einverstanden, weil es mir dort sehr schlecht ergangen
war.
Am 13. August 1938 kam ich auf Betreiben dieses Amtsarztes in
die Wittenauer Karl-Bonhoeffer-Heilstätten. Vor dem Transport
hatte er mir eine Spritze verabfolgt, angeblich gegen mein Magenleiden,
aber es war eine Betäubungsspritze, und dazu wurden mir noch
die Hände festgebunden. Wie einen Schwerverbrecher führte
man mich ab! (Nach 1945 lernte ich einen Prälaten kennen,
der im Park dieser Anstalt spazieren ging. Er wies mich darauf
hin, dass im hinteren Teil des Klinikgebäudes zahlreiche
Massengräber angelegt worden waren.)
Nun weiter zu meiner Wittenauer Zeit. Etwa drei Wochen blieb
ich in der Bonhoeffer-Klinik, dann kam ich auf Drängen meiner
Eltern in das Westend-Krankenhaus, wo ich einen Monat lag. Der
dortige Chefarzt Dr. Koch riet mir, nach Hause zu gehen, da er
mir wegen meiner bescheinigten Geisteskrankheit nicht helfen dürfe
und ich ansonsten Gefahr liefe, wieder in die Anstalt gebracht
zu werden.
Da man während meines Aufenthaltes in Wittenau gegen den
Willen meiner Eltern meine Entmündigung beantragte, wurde
ich im Robert-Koch-Krankenhaus vom Medizinalrat Dr. Hommerich
gerichtsärztlich untersucht und verhört. Dieser hat
mir Fragen gestellt, welche ich gar nicht beantworten konnte,
zum Beispiel über das Ehe- und Scheidungsgesetz, welche Badeorte
das Sudetenland hat usw., kurzum, er hat mich entmündigt.
Die Gerichtsverhandlung, in der seine Entscheidung bestätigt
wurde, fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Gegen
meinen Wunsch, meinen Vater zum Vormund zu bestellen, hat man
einen fremden Menschen zum Vormund gemacht. Aber meine Eltern
protestierten dagegen, worauf mein Vater die Vormundschaft bekam,
bis zu seinem Tod am 7. September 1948.
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches blieb ich weiterhin
zu Hause. Meine Mutter starb am 12. August 1945. Ich verdiente
jetzt meinen Lebensunterhalt durch Botengänge. Als Herr Hans-Jürgen
Henning von der Inneren Mission Steglitz nach dem Tod meines Vater
mein Vormund wurde, trug meine Arbeitstätigkeit dazu bei,
dass er schließlich die Aufhebung der Vormundschaft bewirken
konnte. Die amtsärztliche Untersuchung durch Dr. Erbsen vom
Gesundheitsamt ergab, dass keinerlei Anzeichen einer Geistesschwäche
oder Geisteskrankheit festzustellen waren. Aufgrund meiner Leiden
erfolgte 1948 meine Anerkennung als Schwerbeschädigter.
Heute erscheint es mir wie ein Wunder, dass ich mit dem Leben
davongekommen bin, wenn auch gesundheitlich sehr stark geschädigt.
Ich vergaß noch zu erwähnen, dass ich in den Jahren
1937/38 vorübergehend an einem kreisförmigen Haarausfall
litt, von dem der Arzt sagte, dass dies eine typische Anstaltskrankheit
sei. Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich
es einmal während meiner sonst trostlosen Anstaltszeit ein
paar Wochen besser gehabt habe, und zwar als ich auf dem Potsdamer
Anstaltsgelände bei Gutsvogt Henning tätig war. Er ließ
mich nur Arbeiten verrichten, die ich schaffen konnte, und ich
durfte von seinen Gartenfrüchten essen, soviel ich mochte.
Ich danke ihm noch heute für seine anständige Behandlung.
Auch der Bäckermeister Fritz Haschogk aus Steglitz, Zimmermannstr.
7, in dessen Geschäft ich eine Zeitlang Bote war, hat mich
stets nach Kräften unterstützt und beraten, als er der
Vorgänger meines Vaters mein Vormund war; auch an ihn denke
ich heute noch in Dankbarkeit zurück.
Aufgrund meiner langen und leidvollen Erfahrungen setze ich mich
heute in vielerlei Gruppen und bei Anstaltsbesuchen besonders
dafür ein, dass Zwangseinweisungen, Isolierzimmer und Entmündigungen
abgeschafft werden, dass die Betroffenen Zugang zu ihren Anstaltsakten
bekommen, dass Misshandlungen von Patienten verboten werden und
dass grausames Personal entlassen und bestraft wird. Wichtig ist
auch, dass Polizei und Gerichte mit massiver Gewalt gegen die
Zustände in den Anstalten und Pflegeheimen vorgehen und überraschende
Kontrollen des Personals und der Verpflegung vornehmen. Es muss
kontrolliert werden, ob die Insassen ausreichend mit Kleidung
und Taschengeld versorgt sind. In allen Einrichtungen muss es
Kontaktzimmer geben, es müssen Häuser für Wohngemeinschaften
bereitgestellt werden, Partnerschaften müssen auch ohne Trauschein
möglich sein, die Bezahlung für Arbeit in sogenannten
Behindertenwerkstätten muss ausreichend sein, allen Schwerbeschädigten
muss ein Anspruch auf eine ausreichende Rente zuerkannt werden.
Gehbehinderte müssen, sofern sie wollen, regelmäßig
zum Spazierengehen begleitet werden, kranke und alte Menschen
müssen dieselben Rechte haben wie junge gesunde, und es ist
ihnen von morgens bis abends Ausgang einzuräumen. Von meinen
Anstaltsbesuchen weiß ich, dass in den heutigen psychiatrischen
Einrichtungen oft schlimmer gegen die Würde der Menschen
verstoßen wird als bei Hitler. Das muss sich ändern.
Über
den Autor
Geboren 1917 in Berlin-Steglitz. Austräger von Brötchen und von
Reklamesendungen. Kino-Platzanweiser. Von 1935 bis 1937 in drei
verschiedenen Psychiatrischen Anstalten interniert. Vor und nach
dem 2. Weltkrieg Arbeit als Zeitungszusteller und Bote. Lebt jetzt
als Rentner, nach wie vor in Berlin-Steglitz (Stand: 1993).
Nachtrag: Lothar
Jändke ist inzwischen gestorben.
© 1993 by Lothar Jändke