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Homepage des
Antipsychiatrieverlags
Übersichtsseite vom 22.11.2023 zu den Rechten Psychiatriebetroffener,
zur Verpflichtung zu nichtpsychopharmakologischen psychosozialen Angeboten,
zur Unterstützung beim Absetzen von Psychopharmaka sowie zu Maßnahmen
gegen psychiatrische Menschenrechtsverletzungen durch unterlassene Aufklärung
oder Falschinformation. Letzte Aktualisierung am 24.9.2025
Peter
Lehmann
Europäische Kommission, Weltgesundheitsorganisation,
Vereinte Nationen, Gesetzgebung und richterliche Urteile
Stärkung von Menschenrechten in der Psychiatrie /
Stellungnahmen / Besprechungen
-
Dokument des Paradigmenwechsels der WHO
Pro: Orientierung an internationalen Menschenrechtsrahmen;
ganzheitliche, personenzentrierte, genesungsorientierte und rechtebasierte
Ansätze; Wertschätzung des Erfahrungswissens Psychiatriebetroffener
und deren Einbeziehung in Entscheidungsprozesse; vollständige
Informationen über unerwünschte Wirkungen (einschließlich
des schwerwiegenden Entzugssyndroms); Hilfen beim Absetzen; Verbot
des Elektroschocks ("EKT") bei Kindern; Zusammenarbeit mit
Menschen mit eigener Erfahrung, Familien, Fachleuten aus verschiedenen
Sektoren und anderen relevanten Gruppen in Aus- und Fortbildung etc.
Contra: übermäßigen Rückgriff auf biomedizinische
Ansätze in der psychiatrischen Versorgung; invasive Eingriffe
wie Psychochirurgie und Elektroschocks ("EKT"); Zwangsbehandlung
(insbesondere zwangsweise verabreichte Elektroschocks); Betreuungen
gegen die Optionen der Behandelten; Polypharmazie etc. 
- Behandlung ohne Einwilligung der Person nur bei akuter Lebensgefahr;
keine unterschiedlichen Standards im körpermedizinischen und im
psychiatrischen Bereich. Höhere Standard für die freie und
informierte Zustimmung bei der Verabreichung von Psychopharmaka (schriftliche
oder dokumentierte Einwilligung nach Aufklärung z. B. durch eine
Aufzeichnung in Video- oder Audioformaten). Verpflichtung des medizinischen
Personals durch den Gesetzgeber, Dienstleistungsnutzer über ihr
Recht zu informieren, die Behandlung zu beenden und dabei Unterstützung
zu erhalten. Angebot einer Unterstützung zum sicheren Absetzen
etc.

-
Medizinische oder therapeutische Maßnahme ohne Zustimmung,
ohne vollständige Information oder nach Zustimmung auf Grundlage
falscher Angaben = unfreiwillige Behandlung. Zwangsbehandlung oder
Verabreichung von Psychopharmaka unter Vorspiegelung falscher Tatsachen
= Misshandlung, evtl. Folter gleichkommend etc. 
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Pflicht zur Information von zwangsuntergebrachten Personen über
Wege zur Erwirkung ihrer Freilassung. Pflicht zur Freilassung und
Einstellung jeglicher Zwangsbehandlung. Einrichtung einer öffentlichen
Behörte zur Gewährleistung von Wohnraum, Unterhaltsmitteln
und anderen Formen der wirtschaftlichen und sozialen Unterstützung.
Alternativen frei von medizinischen Diagnosen und Eingriffen. Unterstützung
beim Absetzen von Psychopharmaka. Entschädigung sowie andere
Formen der Wiedergutmachung bei willkürlichem oder rechtswidrigem
Freiheitsentziehung (inkl. Entschädigung des durch mangelnde
Verfügbarkeit, die Verweigerung angemessener Vorkehrungen oder
fehlende medizinische Versorgung und Rehabilitation entstandenen Schadens)
etc. 
- BGB § 630e (Aufklärungspflichten) / BGB § 823 (Schadensersatzpflicht)
/ § 223 StGB (Körperverletzung) / § 230 StGB (Strafantrag)
/ Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.4.2007: Eingriff ohne Einwilligung
aufgrund unzureichender Aufklärung auch dann rechtswidrig, wenn
die Behandlung an sich als sachgerecht gilt (Az. VI ZR 108/06 [OLG Braunschweig],
Rn 13) / Aufklärungspflicht entsprechend »Behandlungsleitlinie
Schizophrenie«

- Unverzichtbare Bausteine zukünftiger Psychiatriereformen: Förderung
von Selbsthilfeansätzen und nicht-stigmatisierenden, nicht-psychiatrischen
Ansätzen; aktive Einbeziehung von Psychiatriebetroffenen in die
Psychiatriepolitik; Freiheit zur Auswahl aus Behandlungsangeboten zur
Stärkung der Menschenrechte etc.

Stellungnahmen
European Network of (ex-) Users and Survivors of Psychiatry / World Network
of Users and Survivors of Psychiatry / MindFreedom International / Bundesverband
Psychiatrie-Erfahrener e.V.: Dresdener Erklärung zur psychiatrischen
Zwangsbehandlung vom 7. Juni 2007
»Die Mitglieder unserer Organisationen sind in einer einzigartigen
Position, um über dieses Thema zu sprechen. Wir haben die Zwangspsychiatrie
erlebt und wissen um die Schäden, die sie in unserem Leben und dem
unserer KollegInnen und FreundInnen angerichtet hat. Repräsentanten
unserer Organisationen aus diversen Ländern nehmen an der WPA-Konferenz
teil und zeigen, was Zwangsbehandlung für den einzelnen Menschen
bedeutet. Wir sind überzeugt, dass Menschen, die psychiatrisch zwangsbehandelt
wurden, einen moralischen Anspruch haben, definitive Aussagen zu Zwang
machen zu können. Gemeinsam fordern wir ein Ende aller psychiatrischen
Zwangsmaßnahmen und die Entwicklung von Alternativen zur Psychiatrie.
Wir weisen besonders auf die kürzlich von der Generalversammlung
der Vereinten Nationen verabschiedete UN-Konvention über die Recht
von Menschen mit Behinderung hin, die unter Beteiligung von psychiatriebetroffenen
Menschenrechts-AktivistInnen entwickelt wurde. (...) Wir stellen fest:
Die Weltgesundheitsorganisation hat erklärt, dass sie die Verabreichung
von Elektroschocks (auch Elektrokrampftherapie genannt) ohne Einwilligung
ablehnt. Elektroschock ohne Zustimmung nimmt international zu, speziell
in armen oder Entwicklungsländern, dort auch ohne Anästhesie.
Insbesondere deshalb fordern wir in allen Ländern die Abschaffung
von Elektroschocks ohne Zustimmung.« 
Bundesnetzwerk Selbsthilfe seelische
Gesundheit e.V. (NetzG): Stellungnahme zur aktuellen Situation von EKT
(6. Juli 2025)
»NetzG sieht die zunehmende Verbreitung von EKT in der
psychiatrischen Behandlung mit Sorge. Eine EKT darf nach Auffassung von
NetzG nur mit freier informierter Zustimmung der betroffenen Person durchgeführt
werden. Zuvor muss eine umfassende Aufklärung auch über Risiken
und unerwünschte Wirkungen sowie über Behandlungsalternativen
erfolgen. Wenn die betroffene Person aktuell nicht in der Lage ist, eine
freie informierte Entscheidung zu treffen, darf keine EKT durchgeführt
werden. Eine zwangsweise Behandlung mit EKT lehnt NetzG grundsätzlich
ab.« 
SeelenLaute Saar & SeelenWorte RLP:
Befürwortung der neuen WHO-Richtlinie aus Saarland und Rheinland-Pfalz
Umsetzung muss jetzt erfolgen (18. Juli 2025)
»Demnach werden die erklärten Maßnahmen der
Weltgesundheitsorganisation ausdrücklich begrüßt und ihre
Umsetzung bei uns jetzt gefordert. Abgelehnt und moniert wird die extreme
Gegenposition der DGPPN, insbesondere für psychiatrische Elektroschocks.
In uns vorliegenden Zuschriften von Betroffenen, wie auch von aufgeschlossenen
Angehörigen und therapeutischen Professionellen, heißt es unter
anderem, der DGPPN (fehle) es hier evident an Expertise, Verantwortungsbewusstsein,
Patienten- und Menschenverständnis. Solches Auftreten sei unhaltbar
und erschwere Gewaltprävention und Problemlösung. Die bisherige
Nicht-Positionierung der DGSP gegenüber der DGPPN wird in Stimmen
aus unseren Selbsthilfeorganisationen als befremdlich und bedauerlich
bewertet. In diesem Zusammenhang raten auch SL Saar und SW RLP zu einer
PsychPaV nicht-psychiatrischer Formulierungsherkunft, wie als Vorlage
(kostenfrei) unter https://peter-lehmann.de/psychpav.htm
erläutert abrufbar.« (In: SeelenLaute Selbsthilfezeitung
für seelische Gesundheit, 2025, Ausgabe 72, S. 4)
DGSP e.V.: Factsheet Elektrokrampftherapie.
Stand: 5.9.2025
»Wir sind gegen eine zwangsweise Durchführung von EKT. Die
Bemühungen der DGSP gehen dahin, eine psychiatrische Versorgung
ohne Zwang zu ermöglichen. Daher sollte die Ausweitung von Zwangsmaßnahmen
auf weitere Therapieformen nicht Inhalt der Diskussion sein. Vielmehr
bedarf es einer umfassenden Aufklärung von betroffenen Menschen,
besonders über die Möglichkeiten der psychiatrischen Patientinnen-
und Patientenverfügung für Situationen schwerer psychischer
Krisen, in der möglicherweise der natürliche Willen einer
Person nicht eindeutig festgestellt werden kann.« (S. 3)
Besprechungen
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Harris, Leah (April 12, 2025): "New WHO Guidance Calls for
Paradigm Shift in Mental Health Policy The guidance emphasizes shifting
away from institutional mindsets and practices, the biomedical approach,
and the use of psychotropic drugs." Contribution to Mad in America.
Online-Ressource https://www.madinamerica.com/2025/04/who-paradigm-shift-mental-health-policy
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Lehmann, Peter (2025): »Wie Feuer und Wasser: Weltgesundheitsorganisation
und DGPPN. Neue WHO-Richtlinie verdeutlicht extreme Positionen der
DGPPN«. In: Rundbrief des Bayerischen Landesverbands Psychiatrie-Erfahrener
e.V. (Augsburg), Nr. 1, S. 10-15. Online-Ressource https://peter-lehmann.de/docu/feuer-wasser-pdf
-
Lehmann, Peter (2025): »Weltgesundheitsorganisation pocht auf
Stärkung der Betroffenenrechte. Paradigmenwechsel bei der WHO
Plädoyer gegen zwangsweise Elektroschocks«. In: SeelenLaute
Selbsthilfezeitung für seelische Gesundheit (Saarburg
& Saarbrücken), Ausgabe 72. Online-Ressource https://peter-lehmann.de/docu/seelenlaute-who.pdf
-
Lehmann, Peter (2025): »WHO versus DGPPN Neue WHO-Richtlinie
zur Psychiatrie verdeutlicht extreme Positionen der DGPPN«. In:
Dr. med. Mabuse Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe
(Hungen), 50. Jg., 2. Quartal, Heft 268, S. 12-14. Online-Ressource
https://peter-lehmann.de/docu/who-dgppn.pdf
-
Lehmann, Peter (2025 in print): "Like fire and water:
Mainstream psychiatry and World Health Organisation. New WHO guidance
on mental health policy clarifies extreme positions of mainstream
psychiatry". In: Journal of Critical Psychology, Counselling
and Psychotherapy (Lancaster), Vol. 25, No. 3. Online resource http://www.peter-lehmann-publishing.com/articles/lehmann/pdf/fire-water.pdf
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Zinkler, Martin (2025): »Neue Leitlinien der WHO zur Psychiatriepolitik
(Guidance on Mental Health Policy and Strategic Action Plans)«.
Editorial. In: R & P Recht und Psychiatrie, 43. Jg., S.
140-141. Online-Ressource https://elibrary.utb.de/doi/epdf/10.1486/rp-03-2025_ed
- Lehmann, Peter (2025): »WHO wertschätzt Verdienste der Betroffenenbewegung.
Warum die geplanten zwangsweisen Elektroschocks in Deutschland zum Prüfstein
werden«. In: Psychosoziale Umschau (Köln), 40. Jg., Nr. 4, S. 36-37.
Online-Ressource https://peter-lehmann.de/docu/who-psu.pdf
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